Auf Buchsbaumholz, Palmblatt und Agarbaumrinde

Runenkalender

Buchsbaumtäfelchen, ursprünglich als Codex zusammengebunden. – Vermutlich um 1500.

Signatur: Mscr.Dresd.R.308

Provenienz: Bisher unbekannt, zuerst erwähnt von Falkenstein (1839).

Runen (altnordisch: Rún = Schrift- oder Zauberzeichen) wurden vor allem vom 2. bis zum 14. Jahrhundert verwendet. Mit der Christianisierung wichen sie der lateinischen bzw. kyrillischen Schrift. In den skandinavischen Ländern hielt sich die Runenschrift z. T. bis ins 19. Jahrhundert. Der Dresdner Runenkalender, der ursprünglich farbig gefasst war, ist ein Beispiel dafür, wie sich vorchristliche Traditionen mit christlichen Motiven verbanden.

(1) Auf der Rückseite des vorderen Deckels sieht man einen

Dreikreis mit Runen in allen drei Abtheilungen. Zur Rechten und zur Linken zwei Figuren mit Heiligenscheinen. Am äussern Rande ein horizontal-fortlaufender Runenstab. (Falkenstein 1839)

 

(2) Monat Januar

Die Runenkalender sind gewöhnlich in drei Reihen abgetheilt, welche horizontal fortlaufen, und wovon die mittlere den Sonnenzirkel, die untere den Mondzirkel, die obere die Festtage … bezeichnen. Bei gegenwärtigem Kalender ist diese obere Reihe statt der symbolischen Zeichen … durch die …  Bilder der Heiligen ersetzt … und durch Striche mit den Runen in Verbindung gebracht sind. (Falkenstein 1839)

 

Der Heiligen wird bis in die Gegenwart an folgenden Tagen gedacht:
6.1.: Heilige drei Könige
13.1.: Heiliger Knuth IV., König von Dänemark
15.1.: Heiliger Felix von Nola
17.1.: Heiliger Antonius der Große (mit Fackel als Hinweis auf das Antoniusfeuer)
20.1.: Heiliger Sebastian (am Marterpfahl von Pfeilen durchbohrt)
22.1.: Heiliger Vinzenz von Saragossa
25.1.: Bekehrung des Heiligen Paulus (mit Reisemantel und Reisehut)

(3) Auf dem hinteren Deckel ist links die in Skandinavien besonders verehrte Heilige Barbara mit ihren Attributen, dem dreifenstrigen Turm in der rechten und dem Märtyrerpalmzweig in der linken Hand zu sehen. Rechts schwebt der Engel, der ihr beim Martyrium Beistand leistete. Unter der Heiligen ist ihr heidnischer Vater Dioskurus dargestellt, der sie enthauptete. Ihr abgeschlagener Kopf liegt unter einem Kreuz rechts unten. Links unten befindet sich ein weiteres Kreuz, zu dessen Seiten die Heilige Katharina von Alexandria mit dem Rad und ein heiliger Bischof (?) mit nicht identifiziertem Attribut stehen.

Mahasātipaṭṭhānasutta

Handschrift auf Palmblättern zwischen Holzdeckeln. – 1860.

Signatur: Mscr.Dresd.Eb.441.b

Digitalisat

Provenienz: Im November 1862 gekauft von Gustav Spieß. Er hatte als Teilnehmer einer preußischen Forschungsexpedition nach Ostasien auch das Landesinnere des heutigen Sri Lanka besucht und hob in seinem Bericht die religiöse Toleranz der Buddhisten hervor:

So war der Sohn eines der ältesten und angesehensten Kirchenfürsten in Candy zum Christenthum übergetreten, ohne daß dies das gute Einvernehmen zwischen Vater und Sohn im Mindesten getrübt hatte. Letzterem verdanke ich ein werthvolles Manuskript, auf Blätter der Taliput-Palme geschrieben und auf die Lehre Buddha’s bezüglich, das jetzt der königlichen Bibliothek zu Dresden einverleibt ist. (Spieß 1864)

Die Handschrift enthält einen der zentralen und meistüberlieferten Texte des Buddhismus, eine Rede Buddhas über den Weg ins Nirwana durch Achtsamkeit. Sie wurde zunächst mündlich überliefert und im 1. Jahrhundert v. Chr. in Pali aufgezeichnet. –  Laut dem Schreibervermerk am Textende entstand diese Abschrift erst 1860 im Auftrag eines einflussreichen Beamten aus Mātalē (nahe Kandy).

Pustaha

Handschrift auf gefalteter Baumrinde. –  18./19. Jahrhundert (?)

Signatur: Mscr.Dresd.Eb.441.c

Digitalisat

Provenienz: Geschenk des niederländischen Residenten in Padang auf Sumatra, Herrn von Rodenburg, 1848. Wie die Handschrift in dessen Besitz gelangte, ist ungewiss. Von den rund 1 000 erhaltenen Pustaha befindet sich der größte Teil heute in europäischen Sammlungen.

Pustaha sind die Zauberbücher der Batak, eines Volks aus dem Hochland Nordsumatras, das bis Ende des 19. Jahrhunderts weitgehend isoliert lebte. Schrift und Kultur weisen nur ganz entfernte indische Einflüsse auf. Regelmäßige Themen sind magische Formeln, medizinische Rezepte und Orakel. Dieses Manuskript zeigt ein Kalender- und Zahlenorakel sowie Deutungen zum Orakel vom „hängenden Hahn“, die mit Zeichnungen des aufgeschnittenen Brustkorbs eines Hahns versehen sind.