Sächsisches „Berggeschrey“

Erste Bergwerke

Die Zeit um 1168 markiert mit der Entdeckung der reichen Silbererzvorkommen in der Bauernsiedlung Christiansdorf den Beginn des ersten sächsischen „Berggeschreys“: Zahlreiche Bergleute, Händler, Handwerker und Glücksritter zog es in die ehemals dunklen Wälder, deren Bezeichnung als „Erzgebirge“ sich erst im 16. Jahrhundert etablierte. Mit Burg, Münzstätte, Kirchen und Stadtschule wurde aus Christiansdorf bereits im 12. Jahrhundert die Stadt Freiberg. Weitere Erzfunde führten seit Ende des 15. Jahrhunderts (Großes Berggeschrey) zu einem wahren Stadtgründungsboom: Aus kleinen und verstreuten Siedlungen wurden die freien Bergstädte Schneeberg (1481), Annaberg (1496), Sankt Joachimsthal (heute Jáchymov, 1517), Marienberg (1521) und viele weitere.

 

Blasius Brunn: Ausbeutenn dieser Bergkwerge …

Handschrift auf Papier. – wohl Annaberg, um 1555

Signatur: Mscr.Dresd.K.35 = K.B.8

Provenienz: 1595 bereits im Katalog der Kurfürstlichen Bibliothek

„Hiernach volgen alle Ausbeutenn dieser Bergkwerge/die vonn anfang ire Sielber vf Sanct Annabergk geanthwort. Als da ist Annabergk, Mariabergk, Scheubenbergk, Wolckenstein, Wiesenthal, Dreppach, Griesbach, Von einer ieden Zechenn anfangs her alles ordentlich nachm Alphabeth … Alles mit fleis aufgetzogenn. Durch Blasium Brunn, Burgern auff Sanct Annaberg“. Im praktischen schmalen Hochformat und in Tabellenform listet der Schreiber sämtliche Gruben und ihre jährlichen Ausbeuten von 1555 teilweise zurück bis ins Jahr 1496 auf. Der weitgehend unbekannte Blasius Brunns lebte zeitgleich mit Adam Riese in Annaberg.

 

Berckrechnung. Wie die in des … Herrn Augusti, Hertzogenn tzu Sachssen … Bercksteden Anno 54ten vnd tzuuorn gehalten etc. Durch Adam Riesen den Eldern gestelltt …

Handschrift auf Papier. – wohl Annaberg, um 1554

Signatur: Mscr.Dresd.K.349

Provenienz: 1595 bereits im Katalog der Kurfürstlichen Bibliothek

Adam Ries (Riese), um 1492/93 in Franken geboren, seit 1522 in Annaberg nachgewiesen und vermutlich dort 1559 verstorben, war in der jungen Bergstadt als Schreiber tätig, dokumentierte Erzausbeuten und verwaltete Kuxen. In Form von Anteilsscheinen verkaufte Kuxe sind ideelle Anteile an einem Bergwerk. Bekannt aber ist er heute – wie auch drei seiner Söhne – vor allem als Rechenmeister, wie die beliebte Redewendung „Das macht nach Adam Riese“ belegt. Seine Rechenbücher für Kinder und für die Ausbildung von Kaufleuten und Handwerkern verfasste er in deutscher Sprache.

 

 

Zustant der Bergwergke auf Sanct Annenberg vnnd Marienbergk

Handschrift auf Papier. – 1558

Signatur: Mscr.Dresd.L.116

Provenienz: 1595 bereits im Katalog der Kurfürstlichen Bibliothek

Der Pergamenteinband scheint in der kurfürstlichen Bibliothek typisch für Gebrauchstextewie den hier gezeigten Bericht über Ausbeuten und Zustand der Bergwerke –zu sein. Die im Bibliothekskatalog als „weiß“ oder „gelb Bergament mit einem Vberschlage“ beschriebenen Einbände werden gewöhnlich als Kopert (Copert) bezeichnet. Im Gegensatz zu den lederbezogenen Holzdeckelbänden des Mittelalters waren sie nicht aufwendig verziert oder gestaltet. Häufig haben sie – wie dieser – eine Klappe oder einen Umschlag zum Verschließen.

 

 

Petrus Albinus: Chronica vnd Beschreibung des alten weitberumbten vnd vmb das hochlöbliche Haus zu Sachsen vnd Meissen …

Handschrift auf Papier. – 1574

Signatur: Mscr.Dresd.d.48

Provenienz: 1854 vom Hauptstaatsarchiv Dresden übernommen

Albinus (latinisiert aus Weiß/Weis) aus Schneeberg lehrte als Professor der Poesie in Wittenberg, ehe er 1588 als Sekretär und Archivar in die kurfürstliche Kanzlei von Christian I. (1560–1591) nach Dresden berufen wurde. Hier entstand sein Hauptwerk, die „Meißnische Land- und Berg-Chronica“ (1580–1589), die vieles zum einheimischen Bergbau aussagt. Albinus verfasste zahlreiche Chroniken von Städten des Erzgebirges, deren Manuskripte, meist nie gedruckt, in der SLUB bewahrt werden. Eindrucksvoll sind die mehrfachen Überarbeitungen sowie Kommentare in der hier gezeigten Beschreibung der Stadt Schneeberg.

 

Kurfürst August von Sachsen: Bergk Ordenüng …

Dresden: Stöckel, 1554

Signatur: Mscr.Dresd.g.16

Provenienz: Altbestand der Kurfürstlichen Bibliothek

Kurfürst August (1526–1586) erließ 1554 die Bergordnung, die heute einer gesetzlichen Verfügung entspricht. Er konnte dabei auf eine lange sächsische Tradition verweisen, denn schon zu Beginn des 14. Jahrhunderts existierte das Freiberger Bergrecht in Schriftform. Die Bergordnung regelte den Betrieb der Bergwerke, d. h. die Verantwortlichkeiten, die Verarbeitung des Gesteins, die Bezahlung der Bergleute sowie Strafen bei Missbrauch. Diese von Mathes (Mathias) Stöckel (1526–1587) auf Pergament gedruckte Vorzugsausgabe gehörte  zur Bibliothek von Kurfürst August.

 

Sebastian Münster: Cosmographei: oder beschreibung aller länder… etc.

Basel: Heinrich Petri, 1550

Signatur: Geogr.A.124

Provenienz: Altbestand der Kurfürstlichen Bibliothek

Sebastian Münsters (1488–1552) universalgeschichtliches und -geographisches Werk war äußerst erfolgreich und wurde bis ins 17. Jahrhundert hinein mehrfach neu aufgelegt und übersetzt. Dem Bergbau widmete es sich sehr ausführlich und mit vielen Holzschnitten auch bildhaft. Die gezeigten Seiten beschreiben, wie in den „vormals mit einem dicken Wald überzogen[en]“ Bergen die Stadt Joachimsthal entstand, die inzwischen von „vil tausend menschen“ bewohnt würde. Für Münster steht die Mark Meißen insbesondere für den Silberbergbau. Er berichtet, wie sich nach dem ersten Bleierzfund Bergleute aus Goslar im Harz auf den Weg nach Freiberg machten.