Medienstationen

Reportagen aus Museen, die keine waren: das Projekt „Industriegeschichten“

Der politische und gesellschaftliche Umbruch von 1989/90 hatte auch wirtschaftlich gravierende Auswirkungen bis hin zur weitgehenden Deindustrialisierung weiter Teile der ehemaligen DDR. Viele Menschen ringen bis heute mit den persönlichen Auswirkungen, die ihr Leben stark geprägt haben. Cornelia Munzinger-Brandt und David Brandt zeigen in ihrem Projekt „Industriegeschichten“ Begegnungen mit Menschen, die bis 1989 in jetzt nicht mehr produzierenden sächsischen Industriebetrieben gearbeitet haben und heute in veränderter Form im alten Berufsumfeld tätig sind: in Museen, Fördervereinen oder Initiativen. Dort bewahren und pflegen sie von ihren vormaligen Arbeitswelten, was den rasanten Abbau überstanden hat. Im Interview schildern sie ihre persönlichen und beruflichen Erlebnisse der Wende- und Nachwendezeit und geben Einblick in die Transformationsprozesse, die ganze Regionen massiv erschüttert haben. In der Ausstellung zeigen wir eine Auswahl an Gesprächen mit Ingenieurinnen und Ingenieuren:

Weitere Interviews finden Sie im Internet unter www.industriegeschichten.de.

Im Rahmen der Ausstellung haben wir ein Gespräch mit Cornelia Munzinger-Brandt, David Brandt und Gerhard Sonntag geführt – zum Projekt selbst, aber auch zu den persönlichen Erfahrungen von Herrn Sonntag. Der Mitschnitt ist auf YouTube veröffentlicht: 

Neue Zugänge zu altem Wissen

Die wirtschaftliche und kulturelle Relevanz von „Industrie“ und „Industrialisierung“ zeigte sich bereits im 19. Jahrhundert in zahlreichen zeitgenössischen, teilweise prachtvoll ausgestatteten Publikationen. Wichtige Beispiele sind das „Album der sächsischen Industrie“ aus den 1850er und „Die Groß-Industrie des Königreichs Sachsen in Wort und Bild“ aus den 1890er Jahren, die als „Leistungsschau“ konzipiert waren und in jeweils zwei Bänden vor allem größere Firmen und Betriebstätten in großformatigen Abbildungen und in detaillierten Beschreibungen von meist ein bis zwei Seiten vorstellten.

Zwar sind beide Publikationen deutschlandweit nur in wenigen Bibliotheken vorhanden und auch in Sachsen selbst nur in Chemnitz, Dresden und Leipzig nachgewiesen. Die SLUB hat sie aber bereits seit längerer Zeit als Bilddateien digital verfügbar gemacht. Freizeitforscher und Open Data-Aktivisten um den Dresdner Ingenieur Andreas Wagner sorgten dafür, dass die Werke auf der freien Quellen-Plattform Wikisource als Volltexte veröffentlicht wurden. Auf Basis dieser Transkripte wiederum wurden die einzelnen Artikel in der freien Datenbank Wikidata erschlossen. Damit sind Visualisierungen möglich, z. B. eine Landkarte der beschriebenen Firmen sortiert nach Wirtschaftszweigen. Begleitet werden diese Projekte über das Regionalportal Saxorum, mit dem die SLUB Datenbestände zur sächsischen Geschichte und Landeskunde recherchierbar macht.

Die historischen Quellen aus dem 19. Jahrhundert werden auf diese Weise digital ganz neu zugänglich gemacht. Viel Spaß beim Stöbern!