Zur Wahrnehmung von Licht und Farbe – aus Physiologie und Psychologie

Vitrine 4

Der menschliche Sinnesapparat
Ohne den menschlichen Sinnesapparat von Auge, Sehnerv und Gehirn wäre der Mensch ohne Farbempfinden.

Wie Licht und Farbe zusammenwirken, wie sie überhaupt entstehen und wie und wo sie verarbeitet werden, ist nicht erst seit Goethes Zeiten eine Frage für unterschiedliche Disziplinen der Wissenschaft, der Philosophie, der Kunst und auch der Theologie. Seit Jahrtausenden rätseln die Menschen, was Licht und Farbe sind und wie sie wirken, auch heute sind noch nicht alle Rätsel gelöst.

Doch gerade das 19. und das frühe 20. Jahrhundert mit ihren naturwissenschaftlich-technologischen Errungenschaften führten zu einer intensiven Erforschung physiologischer und psychologischer Phänomene der Farbreizwahrnehmung, die kontrovers diskutiert wurde. Protagonist der Dreifarbentheorie war Hermann von Helmholtz (1821–1894), der Gegenfarbentheorie Ewald Hering (1866–1948).

Die Schriften der Wissenschaftler Fechner, Wundt, Max Planck und Bähr eröffnen Blicke in die Wahrnehmungspsychologie, in die Physik, in das Bestreben, alle Dinge dieser Welt in einer universalen Systematik zu fassen.

Exponate

4.1
Christian Ernst Wünsch: Versuche und Beobachtungen über die Farben des Lichtes. - Faksimile-Nachdruck 1986, hrsg. von Manfred Richter, nach dem Original Leipzig: Breitkopf, 1792.
TU Dresden, Sammlung Farbenlehre, Nachlass Manfred Richter

Das Vorwort richtet sich gegen Goethe: »Schwärze läßt sich nicht in Farben zerlegen. Denn sie ist kein Licht, und enthält folglich auch keine Farbe, kann aber gar wohl in einem Pigmente stecken.«

Aufgeschlagen S. 114 u. Taf. 1: Experimente zu Lichtbrechungen


4.2
Johann Karl Bähr: Der dynamische Kreis : Die natürliche Reihenfolge der Elemente und zusammengesetzten Körper als Resultat der Beobachtung ihrer dynamischen Wirksamkeit. - Lieferung 1-7. - Dresden: Türk, 1861-1868.
SLUB, 1.B.2731

Mit seiner Studie will Bähr »die ersten Bausteine zu einer ganz neuen Disciplin der Naturwissenschaft liefern« und ein neues, sich selbst erklärendes natürliches »System der Elemente und der Stoffverbindungen« vorstellen (Vorwort). Ausführlich handelt  er über die Farben (S. 228ff.)

Aufgeschlagen Taf. 51: »Das Licht, die Finsterniss und die physikalischen Farben«. Drei der sechs Hauptfarben im dynamischen Kreise stehen auf der Lichtseite, die anderen, der Finsternis näher stehenden, »sind von absolut negativer dynamischer Wirkung« (S. 237). Unten die prismatischen Farben.


4.3
Gustav Theodor Fechner: Vorschule der Aesthetik. - Theil 1-2. - Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1876.
SLUB, Aesth. 206s

Enthält »Aufsätze ästhetischen Inhalts ohne systematische Folge und in freierer Behandlung«, u.a. über den »Farbeneindruck der Vokale« (S. 315ff.)


4.4
Ewald Hering: Zur Lehre vom Lichtsinne. - 2. Abdruck. - Wien: Gerold, 1878.
Fachhochschulbibliothek Köln, Sammlung Schmuck, 66UGT2079

»Die sechs Grundempfindungen der Sehsubstanz ordnen sich zu drei Paaren: Schwarz und Weiß, Blau und Gelb, Grün und Roth.« (S. 118)


4.5
Hermann von Helmholtz: Die Thatsachen in der Wahrnehmung. - Berlin: Hirschwald, 1879.
Fachhochschulbibliothek Köln, Sammlung Schmuck, 66HQFH1023

»Jede Zurückführung der Erscheinungen auf die zu Grunde liegenden Substanzen und Kräfte behauptet etwas Unveränderliches und Abschliessendes gefunden zu haben. Zu einer unbedingten Behauptung dieser Art sind wir nie berechtigt; das erlaubt weder die Lückenhaftigkeit unseres Wissens, noch die Natur der Inductionsschlüsse...« (S. 40)


4.6
Wilhelm Wundt: Grundzüge der physiologischen Psychologie. - 6. Aufl. - Band 2. - Leipzig: Engelmann, 1910.

SLUB, 2250 2133

Behandelt im Kapitel »Von den Elementen des Seelenlebens« die Lichtempfindungen(Erregbarkeit der Netzhaut, Anomalien der Farbempfindung, Farbenblindheit, Theorie der Kontrasterscheinungen u.a.).


4.7
Wilhelm Wundt: Grundriss der Psychologie. - 12. Auflage. - Leipzig: Kröner, 1914.
Privatsammlung Eckhard Bendin, Dresden


4.8
Max Planck: Das Wesen des Lichts. - Berlin: Springer, 1920.
Fachhochschulbibliothek Köln, Sammlung Schmuck, 66UGJ1120

»...daß die Lichtenergie sich nicht vollkommen gleichmäßig nach allen Richtungen ausbreitet, in endlos fortschreitender Verdünnung, sondern daß sie stets in gewissen bestimmten, nur von der Farbe abhängigen Quanten konzentriert bleibt, die mit Lichtgeschwindigkeit nach allen Richtungen auseinanderfliegen.« (S. 16)


4.9
Licht und Farbe / Herausgegeben von Felix Krüger und August Kirschmann. - München: Beck, 1926.
TU Dresden, Sammlung Farbenlehre, Nachlass Manfred Richter

Aufgeschlagen: Verteilung der Schwellen über die Peripherie des Farbenkreises in »3549 Wahrnehmungsabschnitte«.


4.10
Herbert Schober: Das Sehen. - Band 2. - Leipzig: Fachbuchverlag, 1954.
TU Dresden, Sammlung Farbenlehre

Behandelt u.a. die Farbempfindung und die Kontrasterscheinungen.

Aufgeschlagen Abb. 142: »Der Farbenkontrast und Florkontrast. Ein und dasselbe Graufeld ändert seinen scheinbaren Farbton mit der Farbe des Umfeldes.«


4.11.
Karl Schawelka: Warum wir sie sehen, wie wir sie sehen. – Weimar: Bauhaus-Universität Weimar, 2007.
Privatsammlung


4.12.
Schriften des historischen Kollegs : Kolloquien 67 : Verfeinertes Sehen / herausgegeben von Werner Busch. – München: Oldenbourg, 2008.

Privatsammlung