Schlüsselwerke der Farbordnungen – Goethes Farbenlehre und Runges Farbenkugel

Vitrine 2

Farbenkugel
Zu den Inkunabeln der Farbgeschichte zählen die Farbenlehre von Goethe (1749–1832) und die Farbenkugel von Runge (1777–1810), beide im Jahr 1810 veröffentlicht.

Goethes umfangreiches dreibändiges Werk stellt kein Farbsystem im eigentlichen Sinn dar, sondern eine auf Anschauung und Experiment beruhende Erforschung über den Ursprung der Farben. Vor allem ist es eine polemische Auseinandersetzung mit den Licht-Farbexperimenten Isaac Newtons (1642–1727), ergänzt durch eine ausführliche Geschichte der Farbenlehren und eine heute noch gültige Bestandsaufnahme zu den Wirkungen der Farben auf den Menschen.

Runges Farbenkugel als erster durchgefärbter Farbkörper kommt dem heutigen Verständnis eines Farbsystems sehr viel näher. Runge wollte dem Künstler ein Mischsystem der Farben an die Hand geben, mit dem dieser sowohl die Gegenstände als auch das Atmosphärische und das Licht in gleicher Qualität darzustellen vermöge.

Goethes Werk stand ganz im Kontext seiner naturwissenschaftlichen Forschungen und somit seiner Suche nach den alles verbindenden Systemen.

Ausgestellt sind ferner Newtons Opticks, das Hauptwerk von Goethes Widerpart, und Wilhelm Ostwalds kommentierter Nachdruck von Runges Farbenkugel in seiner Reihe Die Farbe, in der er auch andere Farbsystematiker, wie z. B. Lambert, neu herausgab.

 

 

 

Exponate

2.1
Isaac Newton: Opticks: or, a treatise of the reflections, refractions, inflexions and colours of light. - 3. edition. - London, 1721.

SLUB, Optica.224

Die 1704 erstmals gedruckte Theorie des Lichtes Sir Isaac Newtons gründete auf Experimenten mit Lichtspalt und Prisma.  Danach ist weißes Licht zusammengesetzt und kann mit Hilfe eines Glases gebrochen und in seine Farben zerlegt werden.

Aufgeschlagen: Titelblatt und Tafel 1 mit Experimenten zur Lichtbrechung.

2.2
Johann Wolfgang von Goethe: Zur Farbenlehre. - Band 3 (Erklärung der zu Goethe's Farbenlehre gehörigen Tafeln). - Tübingen: Cotta, 1810.

SLUB, D.O.244,46

Taf. III illustriert Goethes Versuch, »wenn graue und sodann farbige Bilder durch Brechung verrückt werden. Man thut wohl, sie auf eine Scheibe zu bringen, die sich vertikal drehen läßt.« Mit dieser Tafel könne man das »Unzulängliche des ersten Newtonschen Versuchs der Optik einsehen« (S. 7). Der Band stand früher in der Königlich-medizinischen Bibliothek Dresden.


2.3
Johann Wolfgang von Goethe: Zur Farbenlehre. -
Band 1 u. 2. - Tübingen: Cotta, 1810.

SLUB, III 8° 308, 1-2

Erstausgabe mit handschriftlichem Besitzeintrag des Jenaer Professors Seebeck, dessen experimentelle Ergebnisse zur »Wirkung farbiger Beleuchtung« Goethe im zweiten Band abdruckt.
Ex. aus dem »Königl. Sächs. Polytechnikum« Dresden.

Aufgeschlagen: Titelblatt und Besitzeintrag Seebecks

2.4
Philipp Otto Runge: Farben-Kugel oder Construction des Verhältnisses aller Mischungen der Farben zu einander, und ihrer vollständigen Affinität … - Hamburg: Perthes, 1810.

SLUB, Optica.133

Aufbauend auf einen Farbenkreis, den er bereits 1806 in einem Brief an Goethe vorgestellt hatte, entwickelte Runge bis 1810 die Farbenkugel mit den Grundfarben Rot, Blau und Gelb. Schwarz und Weiß markieren die beiden Pole, entlang des Äquators wies er in gleichmäßigen Intervallen den reinen Farben ihren Platz zu. Mit seinem Versuch, künstlerische Kreativität mit geometrischen Konstruktionen wissenschaftlich abzusichern, schuf Runge zugleich den ersten künstlerischen Farbenkörper.


2.5
Die Farbe : Sammelschrift für alle Zweige der Farbkunde / Herausgeber Wilhelm Ostwald. - Leipzig (1924) 175. Nr.40, Abteilung 1: vom Herausgeber kommentierte Neuausgabe der Farbenkugel von Runge.

Privatsammlung Eckhard Bendin, Dresden

Neudruck der schwer zugänglichen Schrift Runges von 1810. In seinem Nachwort würdigt Wilhelm Ostwald die Farbenkugel Runges als »Krönung eines Gedankengebäudes... dessen streng sysmmetrischer Ausbau erst dem Künstler Runge gelungen ist.« Alle späteren Farbordnungen seien nur Rückschritte mit Ausnahme des Doppelkegels, der auf Messungen der Farbe beruhe, die Runge nicht möglich gewesen seien.