Zu Aufnahme und Wirkung der Farbenlehren von Goethe und Runge

Vitrine 3

200jährige Kulturgeschichte-Schriften
Die Auseinandersetzung mit Goethes Farbenlehre spiegelt in ihren widerstreitenden Positionen eine 200jährige Kulturgeschichte der naturwissenschaftlichen und geisteswissenschaftlichen Leitthemen wider.

Je nachdem, ob die exakten Naturwissenschaften oder die Technikgläubigkeit vorherrschten, oder ob sich ihnen gegenüber Skepsis durchsetzte oder die »Neuentdeckung« der Einheit von Natur und Mensch den Blickwinkel änderte, immer wurde auch Goethes Hauptwerk, wie er es selbst nannte, zitiert und diskutiert. Die Farbenlehre ist als Machwerk eines Dilettanten verachtet, als vorsichtig zu genießendes Werk der Literatur zur Naturwissenschaft gewürdigt oder als sakrosankte Ikone verehrt worden.

Heute wird Goethes naturwissenschaftliches Werk differenziert gesehen. Neue Aspekte und auch neue Funde zu seinen Experimenten und Fragestellungen (in Weimarer Archiven und Nachlässen) erweitern den Blickwinkel.

Eine Auswahl zur Rezeptionsgeschichte seit dem 19. Jahrhundert soll dazu anregen, sich mit der Farbenlehre erneut zu befassen.

Runges Bemühen, dem Körperlichen der Gegenstände wie dem Transparenten von Licht und Atmosphäre gleichermaßen gerecht zu werden, belegen Bildbeispiele und Literatur, die auch auf die aktuelle Übersetzung der Rungeschen Farbenkugel in den digitalen Bild- und Farbraum verweist.

Zu Goethe äußern sich namhafte Multiplikatoren, die sein Werk neu ediert (Steiner) oder grundlegend erforscht haben (Matthaei). Im Jenaer Sonderforschungsbereich »Ereignis Weimar–Jena. Kultur um 1800« warten interdisziplinäre Forschungen mit überraschenden Ergebnissen auf. Auch Dresdner (Rehbock) oder Schweizer (Wyder) Forschungen haben Goethes naturwissenschaftliches Wirken differenziert betrachtet und von Klischees befreit.

Exponate

3.1
Johann Karl Bähr: Vorträge über Newton's und Göthes Farbenlehre gehalten im Künstler-Verein zu Dresden. - Dresden: Türk, 1863.

Fachhochschulbibliothek Köln, Sammlung Schmuck, 66UGT3211

Vorträge des Mitglieds der Akademie der Künste zu Dresden über die Bedeutung der Farbenlehren für die künstlerische Arbeit.


3.2
Ernst Barthel: Goethes Relativitätstheorie der Farbe : nebst einer multiästhetischen Parallele. - Bonn: Cohen, 1923.

Privatsammlung Andreas Schwarz, Essen

»Aus einer Relativitätstheorie der Farbe ergibt sich ein viel besseres Verständnis vom Wesen der Farbe als bisher.« (S. 8)


3.3
Entoptische Farben : mit Einleitungen und Kommentaren von Rudolf Steiner. – Goethes Naturwissenschaftliche Schriften. – Band 4. – Basel: ZBinden, 1970.

Privatsammlung Eckhard Bendin, Dresden


3.4
Jörg Träger: Philipp Otto Runge : oder die Geburt einer neuen Kunst. München: Prestel, 1977.

SLUB, LI 76850 T764 P549


3.5
Heinz Matile: Die Farbenlehre Philipp Otto Runges. – 2.Auflage. - München-Mittenwald: Mäander, 1979.
Privatsammlung Eckhard Bendin, Dresden


3.6
Der Farbenkreis : Beiträge zu einer goetheanistischen Farbenlehre. Hrsg. vom Goethe-Farben-Studio am Goetheanum, Dornach/Schweiz. - Heft 1 bis 5. - Stuttgart: Verlag Freies Geistesleben, 1981-1986.
Privatsammlung Eckhard Bendin, Dresden

Die Welt der Farben könne nicht durch Zählen und Messen begriffen, sondern nur durch Auffinden des lebendigen Geistes in ihnen verstanden werden, schreibt Heinrich O. Proskauer im Vorwort 1978.


3.7
Albrecht Schöne: Goethes Farbentheologie. - München: Beck, 1987.
Privatsammlung

Der Göttinger Goethe-Herausgeber und -Philologe kommentiert und interpretiert die Bedeutung von Licht und Farbe in Goethes literarischem Werk. Warum hielt Goethe seine Farbenlehre für sein wichtigstes dichterisches Werk, warum bekämpfte er Newtons Ansichten so wütend und verzweifelt als »Irrlehre«?


3.8
Goethes Farbenlehre / ausgewählt und erläutert von Rupprecht Matthaei. - 2. Aufl. - Ravensburg: Maier, 1988.
Privatsammlung Eckhard Bendin, Dresden

Nach seiner kommentierten Ausgabe von Goethes Schriften zur Naturwissenschaft im Auftrag der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina 1951 veröffentlicht Matthaei hier Erläuterungen und Bilder zu Goethes Farbenlehre.

Aufgeschlagen: Kapitel über die Pigmente und den symbolischen und mystischen Gebrauch der Farbe.


3.9
Rudolf Steiner: Farbenerkenntnis, Ergänzungen zu dem Band »Das Wesen der Farben«. - Dornach: Steiner, 1990.
Privatsammlung Eckhard Bendin, Dresden

Der Anthroposoph Steiner (1861-1925) verfasste zahlreiche Aufsätze, Briefe, Vorträge und Notizen zur Bedeutung und Wirkung von Farben. Die Inhalte erstrecken sich von einer Verteidigung der Farbenlehre Goethes über Beiträge zur künstlerischen Farberkenntnis bis hin zur medizinischen Farbtherapie.


3.10
Theda Rehbock: Goethe und die »Rettung der Phänomene«: Philosophische Kritik des naturwissenschaftlichen Weltbilds am Beispiel der Farbenlehre. - Konstanz: Verlag am Hockgraben 1995.
Privatsammlung Eckhard Bendin, Dresden

Die Philosophin an der TU Dresden legte mit dem Buch eine neue philosophische Deutung der Goetheschen Farbenlehre und seiner Newtonkritik vor.


3.11
Klaus Stromer: Runges Farben Heute. – Konstanz: Regenbogen, 1997.
Privatsammlung


3.12
Reinhold Sölch: Die Evolution der Farben : Goethes Farbenlehre in neuem Licht. – Leipzig: Ravensburger, 1998.
Privatsammlung


3.13
Bis an die Sterne weit? Goethe und die Naturwissenschaften / ausgewählt von Margrit Wyder. Mit einem Essay von Adolf Muschg. - 1. Aufl. - Frankfurt am Main, Leipzig: Insel, 1999.
Privatsammlung

Ein Anthologie zur naturwissenschaftlichen Begeisterung Goethes auf fast allen Wissensgebieten.


3.14
Sabine Schimma und Joseph Vogl: Versuchsanordnungen 1800. – Zürich und Berlin: Diophanis, 2009.
Privatsammlung Eckhard Bendin, Dresden


3.15
Philipp Otto Runge: Farbenkugel : Konstruktion des Verhältnisses der Mischungen der Farben zueinander und ihrer vollständigen Affinität. – Köln: Tropen-Verlag, 1999.
Privatsammlung PD Eckhard Bendin, Dresden


3.16
Goethes Experimente zu Licht und Farbe / hrsg. von Gisela Maul und Ulrich Giersch. - Weimar: Klassik Stiftung Weimar, Verlag Bien & Giersch, 2007.
Privatsammlung

Der »Goethe-Kasten« enthält einen Nachdruck von Goethes »Beiträgen zur Optik« (1791/92) sowie Materialien und Zubehör, um Goethes Experimente mit Hilfe eines Prismas nachvollziehen zu können. Goethes Spielkarten von 1791 erklären, wie und warum Farben entstehen und sich mischen.