Handschriften und Drucke mit handschriftlichen Einträgen in der Schatzkammer

Handschriften der Reformationszeit in der SLUB

Die hier gezeigten Manuskripte Luthers und des engeren Wittenberger, aber auch weiteren Kreises der Protagonisten der Reformation befinden sich teilweise schon seit Jahrhunderten im Besitz der heutigen SLUB, deren „Gründung“ für das Jahr 1556 angenommen wird. Aufgestellt waren die Bücher zunächst in unmittelbarer Nähe und selbst Bestandteil der Kunstkammer des sächsischen Kurfürsten August (1526–1586). Die Kunstkammer mit ihren Kuriositäten und technischen Meisterwerken diente ebenso wie die gesammelte Literatur vorwiegend den privaten wissenschaftlichen Interessen des Kurfürsten. Als der älteste Katalog der Kurfürstenbibliothek gilt die „Registratur der bucher in des Churfursten zu Saxen liberey zur Annaburg“ aus dem Jahr 1574. Der erste überlieferte Handschriftenkatalog von 1755 verzeichnet bereits einige der hier ausgestellten Stücke, darunter Martin Luthers Psalmenvorlesung der Jahre 1513 bis 1515, aber auch zwei Sammelbände mit verschiedenen Druckmanuskripten von Luthers Schriften. Die Handschriften gelangten durch Ankäufe von Martin Luthers Nachkommen, seinem Sohn Paul, von 1571 bis 1593 Leibarzt am kursächsischen Hof, aber auch seinem Enkel Johann Ernst in die Bibliothek. Der Sammelleidenschaft des brandenburgischen Historikers Martin Friedrich Seidel (1621–1693) verdanken wir zwei umfangreiche Konvolute von Korrespondenzen Luthers und Melanchthons, die sich in der 1768 angekauften Bibliothek des Reichsgrafen Heinrich von Brühl befanden. Die erhaltenen Briefe sind wichtige Zeugnisse nicht nur des theologischen Diskurses, sondern erlauben geradezu intime Einblicke in den Alltag der Reformatorenpersönlichkeiten und ihrer Familien. Korrespondenzen, aber auch Widmungen und Bucheinträge geben Auskunft über das weit gespannte Netzwerk Reformation, das hier nur ausschnitthaft vorgestellt werden kann. Wie früh die handschriftlichen Zeugnisse Luthers und seiner Mitstreiter fast wie Reliquien verehrt und gesammelt wurden, belegt eindrucksvoll die sogenannte Dresdner Reformatorenbibel, die Autographe nahezu aller Protagonisten enthält.

1917*2017

Im vierten Jahr des Ersten Weltkrieg, am Vormittag des 28. Oktober 1917, einem Sonntag, eröffnete im ehemaligen Lesesaal der Königlichen Landesbibliothek (die nur in diesem einen Jahr so hieß) anlässlich des 400. Jubiläums die Ausstellung „Luther und die Reformation“. Die von der Generaldirektion der Königlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft zu Dresden am Kaiser-Wilhelm-Platz Nr. 11, dem Japanischen Palais, veranstaltete Schau zeigte Ausstellungsstücke aus der Gemäldegalerie, dem Kupferstichkabinett, dem Grünen Gewölbe, dem Historischen Museum (jetzt Rüstkammer) und dem Mathematischen Salon. Der „Dresdner Anzeiger“ berichtete von kostbaren Hand- und seltenen Druckschriften aus der Königlichen Landesbibliothek, die nun hier – nach hundert Jahren – wieder zu sehen sind. Mit der Zerstörung des Japanischen Palais – in dem die Bibliothek seit 1786 beheimatet war – im Frühjahr 1945 verbrannten etwa 200.000 Bände. Eine ebenso große Menge wurde von der Sowjetischen Trophäenkommission nach Russland verbracht. Von den Pergamentdrucken, die im gedruckten Katalog der Ausstellung 1917 aufgelistet werden, fehlt jede Spur. Anderen der damals ausgestellten Stücke, z.B. der Dresdner Reformatorenbibel, sieht man die schweren, teilweise irreparablen Schäden an, die sie durch das Eindringen von Wasser in den vermeintlich sicheren Tiefkeller des Gebäudes erlitten haben. Die Reformatorenbibel konnte jüngst durch Spenden restauriert werden, viele werden hoffentlich folgen. Die Digitalisierung ermöglicht den weltweiten Zugriff auf historische Quellen, doch die hier gezeigten, „manu propria“ – mit eigener Hand – geschriebenen Briefe und Manuskripte schlagen eine Brücke zu den Menschen der Reformationszeit.