Luther am Schreibtisch

Die Übersetzung des Neuen Testaments in nur 11 Wochen? Wie muss man sich Luther am Schreibtisch vorstellen? Nicht nur die erhaltenen Briefe, gerade die überlieferten Druckmanuskripte erlauben spannende Einblicke in den Arbeitsprozess des unermüdlichen Schreibers. Die vielfach in den Manuskripten zu sehenden Eintragungen mit Rötelstift gehen wohl auf die Drucker zurück und legen nahe, dass es sich tatsächlich um Druckvorlagen handelt. Dass Luther seine Texte oft überarbeitet hat, davon zeugen Verbesserungen, Streichungen, Einschübe und nachträgliche Ergänzungen. In gleicher Weise eignete er sich Werke anderer an: um sie zu übersetzen, aber auch – wie am Beispiel einer Melanchthon-Schrift zu sehen – um konstruktive Vorschläge anzubringen oder Gedanken weiterzuentwickeln

 

Martin Luther: Druckmanuskript seiner Schrift „Dass diese Worte Christi ‚Das ist mein Leib‘ noch feste stehen, 1527
Signatur: Mscr.Dresd.A.173,Bl.2–8 und 58, hier Bl. 6v/7r

Bereits 1526 hatte sich Luther kritisch mit Neuansätzen in der Abendmahlstheologie auseinandergesetzt, Freunde und Gegner jedoch forderten eine gründlichere Abrechnung mit den sogenannten „Sakramentsschwärmern“, mit denen vor allem Karlstadt, Zwingli und Oekolampad gemeint sind. In der Sammelhandschrift haben sich 8 Blätter des Manuskripts der Schrift „Dass diese Worte Christi ‚Das ist mein Leib‘ noch feste stehen“ erhalten, der überwiegende Teil liegt in der Königlichen Bibliothek zu Kopenhagen.

Martin Luther: Marginalien zur „Confutatio“ de Monte Crucis (Florenz 1300) in lateinischer Übersetzung (1506), 1542
Signatur: Mscr.Dresd.A.130.a, Bl. 14v/15r

Die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts ist stark geprägt vom Vordringen des osmanischen Reiches, das sich mit der Besetzung Ofens 1541 unaufhaltsam zu nähern drohte. Anlass für Luther, sich mit dem Islam zu beschäftigen. Für seine Schrift „Verlegung des Alcoran“ [Widerlegung des Koran] übersetzte er eine Streitschrift des Dominikaners Ricoldus, die im Jahr 1300 erschienen war. Die Randbemerkungen zeigen sein Vorgehen beim Übersetzen: Korrekturen unverständlichen Lateins, aber auch Fragen und Anmerkungen.

Martin Luther: Manuskript seiner Schrift „Supputatio annorum mundi“, 1541/1545
Signatur: Mscr.Dresd.F.66.b, Bl. 19v/20r

Zu den in der SLUB bewahrten Druckmanuskripten gehört auch Luthers „Supputatio annorum mundi“ aus den 1540er Jahren. Ursprünglich war die Chronik wohl für den privaten Gebrauch gedacht, zum Druck gelangte sie zuerst 1541 unter dem Titel „Supputatio annorum mundi“ bei Georg Rhau in Wittenberg. Rechts und links der sieben Dezennien markierenden Zeitleiste in der Mitte jeder Seite hielt Luther bedeutende Ereignisse fest, hier zu sehen sind seine Eintragungen für den Zeitraum 2451 bis 2520 vom Beginn der Schöpfung, also u.a. der Auszug des Volkes Israel aus Ägypten.

Martin Luther: Randbemerkungen in einer Ausgabe der Augsburgischen Konfession und deren Apologie, 1531
Signatur: Mscr.Dresd.A.130, Bl.
N3v

Das vorliegende Buch ist eines der wenigen bekannten aus der zerstreuten Bibliothek Luthers. In seiner handschriftlichen Widmung auf dem Titelblatt, „D[omino] Doctori Martino. Et Rogo ut legat et emendet“, schreibt Melanchthon „Herrn Doktor Martinus. Und ich bitte, dass er es lesen und verbessern möge“. Dem Verfasser geht es um die lateinisch-deutsche Ausgabe der „Augsburgischen Konfession“ (1530) und deren „Apologie“, die 1531 von Georg Rhau in Wittenberg gedruckt wurde. Luthers umfangreiche Randbemerkungen zeigen, dass er Melanchthons Wunsch gefolgt ist.