Kinoraum – Choreografie der Bewegung

Stadtumzüge

… sind allgegenwärtig in sächsischen Archiven. Jubiläen, Paraden, Festtage: Es findet sich stets ein Grund, die Straßen der Stadt in eine Bühne zu verwandeln. Hier inszeniert sich die Gesellschaft selbst – und schaut sich selbst bei der Inszenierung zu. Filmische Zeugnisse beobachten die Stadtumzüge häufig auf Augenhöhe vom Straßenrand, aus der Perspektive des Publikums. Wieder und wieder ziehen vor dem Blick der Kameras die Festwagen, Banner, Tanzgruppen und Blasorchester vorbei, quer durch die Jahrzehnte, Orte und politischen Systeme – bis sie scheinbar zu einem ewigen Stadtumzug verschmelzen, ohne Anfang und ohne Ende.

(Kompilation)

Titel 400 Jahre Marienberg (1921)
Produktion HG Film
Format analoges Original 35mm-Film Positiv, stumm
Laufzeit 07:49 min bei 16 Bilder/Sekunde (hier Ausschnitt)
Original/Rechte Stadtverwaltung Große Kreisstadt Marienberg – Stadtarchiv (C 2 IV 1 d)

Titel Das Lichtenstein-Callnberger Schulfest am 13. Sept. 1925
Aufnahme Kammer-Lichtspiele Callnberg
Format analoges Original 35mm-Film Positiv, stumm
Laufzeit 19:27 min bei 16 Bilder/Sekunde (hier Ausschnitt)
Original/Rechte:Museum der Stadt Lichtenstein im Kultur.Palais.Lichtenstein (F 2002-188)

Titel 800 Jahre Borna (1938)
Produktion Film-Fabrik Helmut Krötel (Leipzig)
Format analoges Original 35mm-Film Positiv, stumm
Laufzeit 30:25 min bei 21 Bilder/Sekunde (hier Ausschnitt)
Original Museum der Stadt Borna
Rechteinhaber unbekannt

Titel 450 Jahre Marienberg 1521–1971, Feierlichkeiten, Festumzug
Produktion Amateurfilmstudio Zöblitz
Format analoges Original 16mm-Film Positiv, mit Ton
Laufzeit 32:40 min bei 24 Bilder/Sekunde (hier Ausschnitt)
Original/Rechte Stadtverwaltung Große Kreisstadt Marienberg – Stadtarchiv (C 2 IV 5 c)

Titel Swjedźenski ćah a masowe rejowanske sceny na Zjězdźe Serbow 1956 w Budyšinje (dt: Festumzug und Massentanzszenen auf dem Sorbentreffen 1956 in Bautzen)
Kamera, Schnitt Kurt Heine
Format analoges Original 16mm-Film Positiv, stumm
Laufzeit 04:55 min bei 24 Bilder/Sekunde (hier Ausschnitt)
Original/Rechte Sorbisches Institut

Titel 750 Jahre Tharandt (1956)
Mitwirkende unbekannt
Format analoges Original Normal 8mm-Film Positiv, stumm
Laufzeit 12:01 min bei 18 Bilder/Sekunde (hier Ausschnitt)
Original SLUB Zweigbibliothek Forstwesen
Rechteinhaber unbekannt

 

Wir bauen ein Segelflugmodell

Der Amateurfilm „Wir bauen ein Segelflugmodell“ besticht mit außergewöhnlichem Konzept und aufwändiger filmtechnischer Ausführung: Minutiös wird die Konstruktion eines Modellflugzeugs vorgeführt – als Stop-Motion-Film, also bestehend aus hunderten unabhängig voneinander aufgenommenen Einzelbildern. Wie von Geisterhand bewegt, wandern die Bauteile über das Bildfeld und fügen sich nach und nach in den von Anfang an feststehenden Masterplan ein. Die im Gleichschritt marschierenden Flugzeugplanken sowie die zwar in Reimform, aber gleichzeitig in autoritärem Gestus formulierten Zwischentitel verwandeln den 1934 hergestellten Film in ein ambivalentes, bizarres ideologisches Dokument der frühen Zeit der nationalsozialistischen Diktatur: Der Ernstfall ist noch fern, doch der überzeugte Nationalsozialist, Volksschullehrer und Hobbycineast Erich Schnabel aus Dresden-Gruna probt bereits die Mobilmachung. Wo im Segelflugfilm das Sujet noch vergleichsweise harmlos bleibt, stellt Schnabel später seine Filmarbeit ganz offiziell in den Dienst der ideologischen Indoktrination seiner Schüler*innen.

Regie, Kamera, Schnitt Erich Schnabel
Vorlage Helmut Kirschke – Bauplan „Segelflugmodell Baby“ (1934)
Format analoges Original 16mm-Film Umkehr-Positiv, stumm
Laufzeit 8:07 min bei 16 Bilder/Sekunde
Original/Rechte Hirsch Film, Dresden (ohne Signatur)

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Die Herstellung von Porzellanwaren

Es beginnt mit der Gewinnung des Rohmaterials im Steinbruch und endet mit der Dekoration der fertigen Figuren: Die Kurzdokumentation „Die Herstellung von Porzellanwaren“ präsentiert den kompletten Arbeitsablauf der Gewinnung und Verarbeitung von Porzellan. Die in der westsächsischen Porzellanfabrik Fraureuth A.-G. aufgenommenen Bilder konzentrieren sich ganz auf den Manufakturprozess der Formwerdung: Das grobe, unbehauene Geröll wird Kameraeinstellung für Kameraeinstellung zum fein gearbeiteten Tanzpaar umgearbeitet. Im Mittelpunkt steht die Tätigkeit, nicht der Mensch, der sie ausübt.

Auch der Film selbst ist, anders als die meisten anderen im Rahmen von SAVE digitalisierten Filme, ein Objekt aus kommerzieller Herstellung. Produziert hat ihn die Deutsche Lichtbild-Gesellschaft e. V., die während des Ersten Weltkriegs als Propagandaorganisation der deutschen Industrie gegründet worden war.

Produktion Deutsche Lichtspiel-Gesellschaft e. V.
Format analoges Original 35mm-Film Positiv, stumm
Laufzeit Fragment: 9:34 min bei 24 Bilder/Sekunde
Original SLUB Dresden (vorl. Sign.: SAVE 2022-09_02)
Rechteinhaber unbekannt

 

Dokumentacija ludowych rejow: Reje z Hochozy (1959)

Die Filme des Instituts für sorbische Volksforschung (heute Sorbisches Institut) sind historische Dokumente ersten Ranges: Sie halten in ethnografischen Feldaufnahmen Formen und Rituale einer traditionellen Lebensweise fest. Damit bewahren sie zumeist immaterielles Kulturgut, das heute – soweit es nicht komplett verschwunden ist – zumindest seine Verwurzelung im Alltag oftmals verloren hat. Neben Umzügen und anderen Feierlichkeiten gehören Volkstänze zu den zentralen Motiven. In Hochoza/Drachhausen (Niederlausitz) präsentiert die Sorbin Lina Jonas der Mitarbeiterin des Instituts für sorbische Volksforschung Hanka Faßke eine Reihe dieser Tänze. Und zwar offensichtlich in ihrer eigenen, gewohnten Lebenswelt, vor einem Bauernhaus. Im Hintergrund sind Gerätschaften, Strohhaufen und Tiere zu sehen. Der Film verwandelt diesen Ort alltäglicher Arbeit in eine Bühne, die von der alten Frau mit behänder Selbstverständlichkeit beherrscht wird. Als sei sie eine Star-Ballerina im größten Opernhaus der Stadt.

Titel dt. Dokumentation von Volkstänzen: Tänze aus Drachhausen (1959)
Ethnografin Hanka Faßke
Tanz Lina Jonas
Produktion Institut für sorbische Volksforschung
Format analoges Original Normal 8mm-Film Positiv, stumm
Laufzeit 5:53 min bei 16 Bilder/Sekunde
Original/Rechte Sorbisches Institut (W 2028)

Zum FilmZur Filmkollektion Sorbisches Institut Bautzen

 

Strukturen II

Fernab des offiziellen DDR-Kulturbetriebs schafft die vielseitige bildende Künstlerin Christine Schlegel in ihren von 1983 bis 1986 in Dresden entstandenen 8mm-Experimentalfilmen einen ganz eigenen ästhetischen Kosmos. Einige ihrer eindrücklichsten Werke entstammen der Zusammenarbeit mit der Tänzerin Fine Kwiatkowski. Schlegel filmt Kwiatkowskis Bewegungen und bemalt anschließend die nur 5,7 x 4,2 mm großen Filmbilder, kratzt Striche und Formen in die Filmemulsion, schafft Blasengebilde mit farblosen Leimklecksen. „Strukturen II“ gehört zu Schlegels frühen, stummen Experimenten. Die Filmrolle enthält u.a. Abschnitte, die auf über Einzelbilder fortlaufende Linien und Farbflächen reduziert sind. Später projiziert sie dieses Filmmaterial mit wechselnder Abspielgeschwindigkeit bei Live-Performances auf den tanzenden, in weiß gekleideten Körper der Tänzerin, begleitet von live improvisierter Musik.

Kamera, Materialbearbeitung Christine Schlegel
Tanz Fine Kwiatkowski
Format analoges Original Super 8mm-Film Positiv mit Materialbearbeitung, stumm
Laufzeit variable Laufgeschwindigkeit (5:55 min bei 18 Bilder/Sekunde)
Original SLUB Dresden, Bestand Christine Schlegel
Rechte Christine Schlegel, Dresden

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