Biography

Am 29. Januar 1889 wurde Rudolf Mauersberger in Sachsen geboren. Sein Vater, der Kirchschullehrer Oswald Mauersberger, legte bei den Söhnen Rudolf und Erhard selbst die musikalischen Grundlagen. Die weitere Ausbildung erhielt Rudolf Mauersberger im Königlichen Lehrerseminar in Annaberg. Von 1912 bis 1914 studierte Mauersberger am Königlichen Konservatorium in Leipzig bei dem Thomas-Organisten Karl Straube, dem Klavierpädagogen Robert Teichmüller und bei Stephan Krehl, Lehrer für Musiktheorie und Komposition. Großen Einfluß auf Mauersberger nahm der als Professor am Königlichen Konservatorium in Leipzig tätige Max Reger. 1914 wurde Mauersberger für seine kompositorischen Leistungen mit dem Nikisch-Preis geehrt. Seine erste Kantorenstelle in Lyck (Ostpreußen) musste er aufgrund des begonnenen 1. Weltkrieges wieder verlassen. Den Kriegsdienst versah er als Militärmusikleiter von 1915 bis 1918 in Bad Lausick. Von 1919 bis 1925 arbeitete er als Leiter des Bachvereins und Organist am Städtischen Konzerthaus in Aachen. Das Vokalwerk Johann Sebastian Bachs stand ab 1923 im Mittelpunkt aller kirchenmusikalischen Konzerte, die Rudolf Mauersberger mit dem Bachverein veranstaltete. Am 1. August 1925 begann Mauersberger seinen Dienst in Eisenach als Landeskirchenmusikwart für Thüringen und zugleich Kantor der Georgenkirche. In der erstgenannten Funktion arbeitete er an einem einheitlichen Thüringer Gesangbuch und einem Orgelbegleitbuch dazu.

Am 1. Juli 1930 trat Rudolf Mauersberger das Amt des Dresdner Kreuzkantors an. Das Repertoire des Chores war geprägt von Werken alter Meister und Kompositionen aus dem 19. Jahrhundert. Weil die zeitgenössische Musik fehlte, stellte sich der Kreuzkantor diesem Genre und fortan erklangen Werke von Günter Raphael, Ernst Pepping, Hugo Distler, Wolfgang Fortner, Kurt Thomas u.a.  75 Ur- und Erstaufführungen fanden bis 1937 statt. Daneben wurden Kompositionen alter Meister wiederentdeckt, insbesondere die Werke von Heinrich Schütz und die Kompositionen von Johann Sebastian Bach. Die Dresdner Philharmonie begleitete den Kreuzchor als „Hausorchester“. Seit 1932 war Mauersberger Lehrer für Orgel am Konservatorium. Mit Wirkung vom 1. Mai 1933 wurde er Mitglied der NSDAP und 1937 zum Professor ernannt. Während einer Tournee mit dem Kreuzchor durch die USA im Jahre 1938 wütete in Deutschland gerade der Terror gegen die Juden. Eine Emigration kam für Mauersberger nicht in Frage. Er wollte nicht aus seinem Amt als Kreuzkantor flüchten. Beschränkungen durch die Nazis versuchte er geschickt zu umgehen. Sein Glaube an Gott und die Liebe zu seiner erzgebirgischen Heimat ließen ihn stark sein. 1936 wurde im Kreuzchor zu Weihnachten die Christmette und 1941 die Ostermette eingeführt. Damit hatte Mauersberger Elemente seiner Heimat in die Großstadt verpflanzt. 1944 komponierte er den „Weihnachtszyklus der Kruzianer“ nach Texten von Kurt Arnold Findeisen. Bergmann, Engel, Nussknacker und Zappelmann führen den Hörer in eine weihnachtliche Spielzeugwelt. So schuf Mauersberger ein Refugium, ohne dabei die Realität zu vergessen. Seine schwere seelische Bedrängnis setzte er in einer eigenen Komposition um, dem „Dresdner Te Deum“. In den Krisen- und Kriegsjahren drängte es Mauersberger immer mehr zum Komponieren. Nach der Zerstörung Dresdens floh er ins Erzgebirge. Dort komponierte er den Trauerhymnus „Wie liegt die Stadt so wüst“, der am 4. August 1945 in den Trümmern der Kreuzkirche uraufgeführt wurde. Der Kreuzchor hatte seine Spielstätte und sein Alumnat verloren. Für oratorische Aufführungen wurden zwischenzeitlich die Auferstehungskirche Dresden-Plauen und die Martinskirche Dresden-Neustadt genutzt. In freien Zeiten komponierte Mauersberger für den Kreuzchor. In jenen Jahren nahm Mauersberger immer mehr die Hilfe von Erna Hedwig Hofmann in Anspruch, die seine engste Mitarbeiterin wurde und es bis zu seinem Tode 1971 blieb.

1947 zogen die Kruzianer in das Gebäude auf der Eisenacher Straße. Als die Komponierphasen im Heimatort aufhörten, widmete Mauersberger sich der Wiedererrichtung der Friedhofskapelle in Mauersberg und der Familiengruft. Die finanziellen Mittel dazu verdankte er dem 1950 verliehenen Nationalpreis der DDR. Ebenso setzte sich mit ganzer Kraft für den Wiederaufbau der Kreuzkirche ein, die am 13. Februar 1955 wiedergeweiht werden konnte. Höhepunkte der Nachkriegsarbeit mit dem Kreuzchor waren u.a. das Internationale Schütz-Fest in Dresden, die Teilnahme an Kirchenmusiktagen in Leipzig und Berlin, Auslandsreisen nach Finnland, Frankreich, Österreich, Polen, Rumänien, in die Schweiz und die Tschechoslowakei, nach Schweden und Ungarn, sowie bis 1960 jährlich mehrfach nach Westdeutschland. Der Kreuzchor stand im Spannungsfeld von sozialistischem Staat und evangelischer Kirche. Er wurde zu zwei Dritteln vom Staat und einem Drittel von der Kirche finanziert. An der Kreuzschule war Klassenkampf zum Alltag geworden. Die Kruzianer sangen nicht nur in Konzerten, sondern auch im Gottesdienst und in den allwöchentlichen Samstagvespern. Für die jungen Sänger und ihren Chorleiter war das eine große Herausforderung. Bis ins hohe Alter blieb Mauersberger dem Neuen gegenüber aufgeschlossen. So fand 1961 die erste Fernsehübertragung des „Weihnachtsoratoriums“ statt. Vor allem aber gab Mauersberger gerne jungen Künstlern ihre eigene Chance. Folgerichtig sind aus dem Kreuzchor namhafte Komponisten, Dirigenten und Sänger hervorgegangen. Genannt seien die Komponisten Friedrich Goldmann (1941-2009) und Udo Zimmermann (*1943), die Dirigenten Hartmut Haenchen (*1943), Karl Richter (1926-1981, Thomasorganist, Leiter des Münchener Bach-Orchesters und Bach-Chores), Hans Thamm (1921–2007, Gründer des Windsbacher Knabenchores) und Manfred Winter (*1935, Gründer des Knabenchores Dresden) sowie die Sänger Theo Adam (*1926) und Peter Schreier (*1935). Einen nicht unbeträchtlichen Teil seiner Lebenskraft widmete Mauersberger Heinrich Schütz. Die Schütz-Tage des Kreuzchores zwischen 1955 und 1970 waren sein Werk. Zwischen 1962 und 1970 wurden 16 Schütz-Schallplatten produziert, darunter die Gesamtaufnahmen der „Geistlichen Chormusik“ und „Cantiones sacrae“. In seinen letzten Lebensjahren führte Mauersberger Schütz-Werke mit historischen Instrumenten auf. Dabei stützte er sich auf die "Capella fidicinia" unter der Leitung von Hans Grüß. Schließlich führte Mauersberger in den fünfziger und sechziger Jahren auch zeitgenössische Kompositionen bis hin zu experimentellen Werken auf. Zu den Autoren zählten Komponisten wie Willy Burkhard, Günter Bialas, Benjamin Britten und Hans Werner Henze.

Rudolf Mauersberger starb am 22. Februar 1971 in Dresden, kurz nachdem er in der Kreuzkirche sein „Dresdner Requiem“ dirigiert hatte. Am 28. Februar fand die Beisetzung in der Gruftkapelle Mauersberg statt. Im September 1973 wurde in Mauersberg ein Museum errichtet mit seinem Dorfmodell und anderen Gegenständen aus seinem Privatbesitz.