Rudolf Mauersberger (1889 — 1971)

Am 29. Januar 1889 im Erzgebirge/Sachsen geboren, leitete Rudolf Mauersberger nach seiner Berufung zum Kreuzkantor von 1930 bis 1971 den Dresdner Kreuzchor und führte dort u.a. erzgebirgische Traditionen ein: Christ- und Ostermette. 1944 entstand der „Weihnachtszyklus der Kruzianer“ nach Texten von Kurt Arnold Findeisen. Mauersberger verarbeitete das Schicksal der Musikstadt Dresden wie kein anderer im Trauerhymnus „Wie liegt die Stadt so wüst“, im „Dresdner Requiem“, im „Dresdner Te Deum“ und im „Zyklus Dresden“. Weitere Kompositionen widmen sich der Schönheit von Gottes Natur „Geistliche Sommermusik“,  dem Kreuzestod Christi „Lukaspassion“ oder dem Weihnachtsgeschehen „Christvesper“.  SLUB: Portraitfoto Rudolf Mauersberger am Flügel 1962, Richard Peter jun.

Nachlass Rudolf Mauersberger in der Musikabteilung

Den kompositorischen Nachlass von Rudolf Mauersberger erhielt 1973 die Sächsische Landesbibliothek Dresden. Bereits nach dem Tode von Mauersberger 1971 bemühten sich Dr. Wolfgang Reich, Leiter der Musikabteilung und Reinhard Haida, der spätere Leiter der Mediathek der SLB um die Erwerbung des Nachlasses. Zunächst erfolgte die Sicherstellung der Mauersberger Autographen in der Kreuzschule: 58 geistliche Werke und 16 Mappen mit weltlichen Werken. Weitere Autographen nahm Erna Hedwig Hofmann mit. Darüber hinaus gab es eine Schallplattensammlung, deren Verbleib bis heute leider unbekannt ist. 1972 erhielt Reinhard Haida die Vollmacht, um alle Maßnahmen zu treffen, den Nachlass von Mauersberger zusammenzutragen. Teile des Nachlasses wurden 1973 in den Archivbeständen in Mauersberg entdeckt. Im Sommer 1973 erfolgte der Ankauf der Materialien für die Sächsische Landesbibliothek. Die Tonträger blieben verschwunden. 1989 konnten weitere Mauersberger-Noten vom Kirchenchor Georgen in Eisenach angekauft werden.

Das Werkverzeichnis zum Rudolf Mauersberger Nachlass der SLUB erschien mit gültigen Bestandssignaturen in der Reihe „Studien und Materialien zur Musikgeschichte Dresdens“ als Heft 3 1991, herausgegeben von der Sächsischen Landesbibliothek in Verbindung mit der Hochschule für Musik „Carl Maria von Weber“  Dresden, 2. gänzlich neu bearbeitete Auflage, zusammengestellt von Matthias Herrmann.

Im Nachlass sind enthalten:

  • Autographe Vokalwerke (vorwiegend ab 1930), die in der Notenbibliothek des Kreuzchores aufbewahrt wurden.
  • Autographe von Werken, die nicht zum Repertoire des Kreuzchores gehörten und größtenteils zwischen 1912 und 1930 entstanden.
  • Weitere Autographen aus seinem Frühschaffen und der Kreuzkantorenzeit
  • Kopien von Autographen, die nicht mehr im Besitz von Mauersberger waren.
  • Fotokopien von Partitur-Abschriften und Stimmen aus dem Notenfundus des Kreuzchores, des Bachchores und Georgenchores in Eisenach

253 Autographe, 22 Abschriften, 14 Kopien von Autographen und 125 Kopien von Abschriften sind in der SLUB vorhanden. Die Erschließung des Nachlasses nahm eine längere Zeit in Anspruch, denn es gab weder Werknummern, noch Datierungen oder Angaben zur Reihenfolge, alles musste erst geduldig ermittelt werden. Parallel dazu entstand das Rudolf Mauersberger Werkverzeichnis.

Bitte recherchieren Sie nach Notenhandschriften, Abschriften und Kopien im genannten Werkverzeichnis. Einen Teil der autographen Kompositionen von Mauersberger finden Sie in RISM online. Einige autographe Kompositionen wurden nach Absprache mit den Erben komplett digitalisiert und sind in den Digitalen Sammlungen weltweit zugänglich.


Für den Trauerhymnus „Wie liegt die Stadt so wüst“, RMWV 4/1, trug Mauersberger Worte aus den Klageliedern Jeremiae zum Dresdner Schicksal  zusammen: „Wie liegt die Stadt so wüst, die voll Volks war. Alle Tore stehen öde. Wie liegen die Steine des Heiligtums vorn auf allen Gassen zerstreut. Er hat ein Feuer aus der Höhe in meine Gebeine gesandt und es lassen walten. Ist das die Stadt, von der man sagt, sie sei die allerschönste, der sich das ganze Land freuet?  …
Die Uraufführung fand am 4. August 1945 in den Mauern der Kreuzkirche statt. 
SLUB: Mus.11302-C-500


Das „Dresdner Requiem“ wurde von Mauersberger im Sommer 1947 begonnen und 1948 vollendet. Es folgten weitere Fassungen, die Letztfassung 1961. Er schrieb es für die Dresdner Kreuzkirche. Mauersberger wollte damit eine evangelische Totenmesse schaffen. Es ist den Toten des Zweiten Weltkrieges gewidmet. Eine Aufführung fand am 13. Februar 1955 statt, am Tag der Wiedereinweihung der Dresdner Kreuzkirche. 
SLUB: Mus.11302-D-505,1

Notendrucke

Alle gedruckten Musikalien finden Sie im SLUB-Katalog. Die Musikabteilung besitzt viele Noten von Rudolf Mauersberger, darunter Werke, die bis 1945 ediert wurden. Dazu zählen „Musikblätter“ aus der Thüringer evangelischen Kirche aus den Jahren 1926, 1927 und 1929, das „Vierstimmige deutsche Choralbuch für Orgel oder 4-stimmigen gemischten Chor“, erschienen in Leipzig bei Merseburger ca. 1930 mit einem Vorwort von Rudolf Mauersberger sowie die "Weisen des Thüringer evangelischen Gesangbuches", erschienen in einer Neuauflage 1935 ebenfalls in Leipzig bei Merseburger. Darüber hinaus gibt es Fotokopien von Abschriften komponiert bis 1945.

    Die Zerstörung Dresdens am 13. Februar 1945 war ein einschneidendes Ereignis für die Stadt Dresden und für den Kreuzchor. Die Stadt der Kunst und Musik wurde durch die Bombardierung ausgelöscht. Kreuzkirche und Alumnat lagen in Schutt und Asche. Für den Kreuzchor gab es einen Neubeginn. Mauersbergers Komposition „Wie liegt die Stadt so wüst“ erschien im Jahr 1949 bei Edition Merseburger, lizensiert von der Sowjetischen Militär-Administration in Deutschland. Weitere wichtige Editionen folgten: „Vierstimmiges deutsches Cholralbuch“ 1947, 1948,  „Kleiner Dresdner Weihnachtszyklus“ 1951, „Neues Thüringer Choralbuch“ 1955, „Alumnengesänge des Dresdner Kreuzchores“ 1956, „Passionsmusik aus dem Lukasevangelium“ 1980 u.a.


    Nach 1990 konnten drei wichtige Werke von Rudolf Mauersberger ediert werden. Herausgeber ist Prof. Matthias Herrmann:

    Christvesper RMWV 7, Stuttgart, Carus 2003, Studienpartitur
    Dresdner Requiem RMWV 10, Stuttgart, Carus 1995, Partitur
    Passionsmusik nach dem Lukasevangelium RMWV 9, 1992


    Enthält: Introduktion und Passacaglia a-Moll, Präludium und Doppelfuge d-Moll, Introduction, Ciaconna und Choral mit Bläserschluß in e-Moll
    SLUB: 6.Mus.4.3770

    Literatur über Rudolf Mauersberger

    Bei den Musikbüchern zu Mauersberger sind Ausgaben vor 1945 in der SLUB nicht vorhanden. Zu den wichtigen Publikationen bis 1989 zählen: 

    Weitere wichtige Editionen aus den Jahren 1990 bis 2021 sind:

    Die Suche nach Zeitschriftenaufsätze erfolgt über den SLUB-Katalog. Recherchieren Sie bitte auch in der Sächsische Bibliographie. Die SLUB bietet ein umfangreiches Archiv von sächsische Tages- u. Wochenzeitungen und ein Sächsisches Mikrofilmverzeichnis

    Mauersberger in der Handschriftensammlung

    Der 1973 von der Sächsischen Landesbibliothek angekaufte Nachlass umfasste keine Texthandschriften (nur Notendrucke, Notenhandschriften und Kopien von Notenhandschriften). Die in der Handschriftensammlung befindlichen Materialien sind anderer Provenienz. Ein Teilnachlass von Hans Böhm enthält Dokumente und Briefe von Rudolf Mauersberger. Den Inhalt dieses Teilnachlasses finden Sie im SLUB Katalog unter Spezialkatalog zum schriftlichen Teilnachlass. Archiviert ist ein Nachruf für Kreuzkantor Rudolf Mauersberger unterzeichnet von den ehemaligen Kruzianern Theo Adam und Peter Schreier. Darüber hinaus übergab Helga Mauersberger, die Nichte von Rudolf Mauersberger, der SLUB einen Posten Briefe von Rudolf Mauersberger an Ruth Fink und von Ruth Fink. Frau Fink war zusammen mit ihrem Vater Julius Fink Gründungsmitglied des Eisenacher Bachchores. Der Briefverkehr mit Frau Fink hielt bis zum Tode von Rudolf Mauersberger an.
    Recherchieren Sie nach Rudolf Mauersberger in den Handschriftenkatalogen.

    Mauersberger und sein Kreuzchor in Bildern

    Das Bildarchiv der Deutschen Fotothek der SLUB enthält eine große Anzahl von Fotografien von Rudolf Mauersberger. Die folgenden Bilder sind eine kleine Auswahl. Die meisten Fotos sind von Erich Höhne und Erich Pohl, einige Aufnahmen von Richard Peter jun.

    SLUB: Dorfmodell Mauersberg im Winter
    Foto: Rudolf Mauersberger, 1920-1971
    Für Rudolf Mauersberger war es von der frühesten Schulzeit an selbstverständlich, in der Ecke der Wohnstube einen Weihnachtsberg aufzubauen. Durch einen unfreiwillig ausgedehnten Sommerurlaub begann Mauersberger mit dem Bau eines eigenen Weihnachtsberges. Zunächst bildete er Wohnhaus, Schule, Garten, Kirche und angrenzende Wohnhäuser nach. Später wurde das weihnachtliche Dorf noch erweitert. 1944 stellte Mauersberger seinen Weihnachtsberg außerhalb Dresdens sicher. Nach einigen Interimsunterkünften nach dem Krieg wurde der „wandernde“ Weihnachtsberg 1959 im Haus von Rudolf Mauersberger in Dresden Loschwitz untergebracht.

    SLUB: Dresden Weixdorf, Dorfkirche, Weihnachtskonzert mit dem Kreuzchor 1945
    Foto: Höhne, Erich; Pohl, Erich
    Für viele Menschen ist die Musik der einzige Trost. Die Nachfrage nach Auftritten des Kreuzchores steigt. „Die Not ist groß. Aber vor lauter Arbeit merkt man es nicht. Man sieht täglich das viele Publikum und die Jungens, die immer vergnügt sind. … Immer ist es voll, ja überfüllt. Das Publikum ist wie versessen auf den Chor. Wir müssen manche Konzerte einfach wiederholen.“ Rudolf Mauersberger

    SLUB: Dresdner Kreuzchor, Abfahrt zur Tournee
    Foto: Höhne, Erich; Pohl, Erich

    Seit 1947 war der Kreuzchor wieder auf Reisen.

     

     

     

     

     

    Klangdokumente vom Kreuzchor unter Mauersberger

    Wie gut hatten es meine Vorgänger im Amt, sie kannten weder Rundfunk noch Schallplatte“. Rudolf Mauersberger

    Die beinahe abwehrende Haltung, die Rudolf Mauersberger gegenüber klangaufzeichnenden Medien noch am Ende seiner Amtszeit einnahm, ist charakteristisch für eine Generation, die Konservierung von Musik als etwas Abwegiges betrachtete. Maßgebend war das, was im Moment entstand und nicht das, was man mit Hilfe einer aufwändigen und aufreibenden Prozedur für später festzuhalten suchte. Die klanglichen Ergebnisse waren ohnehin enttäuschend, zumindest in der Frühzeit. Und selbst als sich von 1955 an die Mikrorillenschallplatte zu behaupten begann, sah sich Mauersberger in seiner Meinung bestätigt. Der durch ihn kultivierte obertonreiche Knabenchorklang ließ sich zunächst weder durch Schellack noch durch Polyvinylchlorid bezwingen und es hat lange gedauert (fast bis in die Mitte der 60er Jahre), bevor sich der technische Fortschritt auch in Bezug auf die Aufnahmen des Kreuzchores klanglich positiv auswirkte.“ Klaus Menschel.

    In den 30iger Jahren gehörte es zum Renommee eines Klangkörpers durch eine Tonträgerfirma vertreten zu sein. Das gelang auch dem Dresdner Kreuzchor. Die Deutsche Grammophon Gesellschaft mit Sitz in Berlin Neukölln zeichnete am 29. Oktober 1934 einige Kompositionen mit dem Kreuzchor auf. Vermutlich sind das die ersten Kreuzchoraufnahmen überhaupt. Die Mediathek besitzt folgende Schellackplatten davon:

    Muss i denn : Volkslied 1934

    Os justi 1934

    Geistliche Lieder und Arien <Gib dich zufrieden> 1934

    1935 wurden die Kruzianer durch die Electrola-Gesellschaft unter Vertrag genommen. Aus dieser Zeit sind auch einige Aufnahmen in der SLUB:

    Kapitän und Leutenant: Volkslied 1935

    Die geistlichen Lieder und Arien <Ich halte treulich still> 1935

    Gesänge, op. 59 <Gute Nacht> / Romanzen und Balladen, op. 75 <Im Walde>

    Darüber hinaus besitzt die SLUB aus dem Jahre 1935 auch noch Aufnahmen der Plattenfirmen „Die Kantorei“, „His Master`s Voice“ und „Telefunken“, wo Sie Ausschnitte online anhören können.

    Nach 1945 gab es erste Einspielungen bei ETERNA, später wurden fast alle Aufnahmen bei VEB Deutsche Schallplatten Berlin erstellt.

    Als Nachkriegsproduktion erschienen 1950 bei ETERNA zwei in der SLUB vorhandene Schellackplatten mit Kreuzchoraufnahmen:

    Matthäuspassion <Wir setzen uns mit Tränen nieder> 1950 Eterna

    Johannes-Passion <Es ist vollbracht> 1950 Eterna

    Autor: Marina Lang, Musikreferat
    Layout: Ines Pampel, Musikreferat