Martin Bollert

Lebenslauf

Bollert initiierte die Wandlung der Sächsischen Landesbibliothek (SLB) von einer gelehrten zu einer modernen wissenschaftlichen Bibliothek. Auf ihn gehen eine platzsparende Aufstellung der Bücher nach »Numerus currens« (lat. fortlaufende Nummer) in geschlossenen Magazinen sowie die Einführung des Fachkatalogs zurück. So gelang es Bollert, im Rahmen eines großen Umbaus die zeitgemäße Nutzung der Bestände durch erleichterte Ausleihen zu realisieren. Der Fokus auf die Nutzenden der Bibliothek,  erbunden mit Schulungen, Führungen und Veranstaltungen prägten sein Direktorat. Auf ihn geht die Gründung des Buchmuseums zurück.

1876 am 10. Oktober in Frankfurt/Oder geboren Studium der Germanistik, Theologie und Philosophie Arbeit an der Kruppschen Bücherhalle Essen und der Universitätsbibliothek Bonn
1913–1920 Leitung der Bromberger Stadtbibliothek
1920–1937 Leitung der Sächsischen Landesbibliothek, Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand wegen des wachsenden politischen Drucks durch die Nationalsozialisten
1968 am 6. März in Bonn verstorben

»Sie, Professor Bollert, besaßen die natürliche Gabe der Macht; sie wurde von keinem, der in den Kreis jener Ordnung trat, in Zweifel gezogen. Wie immer, wenn echte Macht auftritt, war sie mit Güte gepaart ... Es gehört zu dem Besten, was man Ihnen nachsagen kann, dass Sie Kräfte zu wecken verstanden ...«

So Erhart Kästner in einem Brief. Kästner (1904–1974) baute unter Bollerts Direktorat 1935 das Buchmuseum auf. Zeitweise als Sekretär Gerhart Hauptmanns arbeitend, leitete er 1950 bis 1968 die Herzog August Bibliothek in Wolfenbüttel.

Veröffentlichungen (Auswahl)

Gottfried Kinkels Kämpfe um Beruf und Weltanschauung bis zur Revolution. – Bonn, 1913.

(Hg.): Lederschnittbände des XIV. Jahrhunderts. – Leipzig, 1925.

Exponate

Martin Bollert, Ölgemälde von Ernst Richard Dietze, 1942.
Signatur: 2018 0 006106

Über die Herkunft des Gemäldes ist bisher nichts bekannt. Bollert hält in der rechten Hand einen Band, den er 1925 unter dem Titel »Lederschnittbände des XIV. Jahrhunderts« herausgegeben hatte. Die meisten seiner Veröffentlichungen gelten bibliothekshistorischen und buchkundlichen Themen, darunter Arbeiten über seine Vorgänger Johann Michael Francke und Friedrich Adolf Ebert. Der Spätimpressionist Dietze (1880–1961) gehört u.a. zu den Schülern von Gotthard Kühl. 1935 bis 1945 lehrte er als Professor an der Akademie der Bildenden Künste in Dresden.

Gruppenaufnahme der Mitarbeiter der Sächsischen Landesbibliothek, Fotografie von Hermann Bähr, 1921.
SLUB/Deutsche Fotothek: Objektnr. 80458530

Die Aufnahme entstand im Innenhof des Japanischen Palais. Neben Bollert (1. Reihe, 4. von links) sind sein Vorgänger Hubert Ermisch (1. Reihe, 6. von links) sowie die Nachfolger Hermann Neubert (2. Reihe, 2. von rechts) und Karl Assmann (2. Reihe, 2. von links) zu sehen.

Lederschnittbände des XIV. Jahrhunderts / Herausgeber: Martin Bollert. Leipzig: Hiersemann, 1925. - Umschlag.
Signatur: 21.4.112

Auf dem Ölgemälde hält der porträtierte Bollert diesen Band in der rechten Hand.

Festschrift Martin Bollert zum 60. Geburtstage
Herausgeber: Hermann Neubert. – Dresden: Jeß, 1936.
Signatur: 29.8.70.
Provenienz: keine Vorbesitzer zu ermitteln, seit 1954 in der SLB

Ein Jahr nach der Beendigung des Umbaus der SLB zu einer modernen wissenschaftlichen Einrichtung, der maßgeblich von Bollert betrieben wurde, erschien im bekannten Dresdner Verlag Wolfgang Jeß eine Sammlung von Aufsätzen, die von seinem Nachfolger Neubert herausgegeben wurde. Ein Jahr später ging Bollert auf eigenen Wunsch vorzeitig in den Ruhestand. Ein Grund dafür war der wachsende politische Druck, dem er sich nicht mehr aussetzen wollte.