Burghard Burgemeister

Amtszeit 1959–1990

Erwerbungen (Auswahl)

1959ff. Kauf bzw. Schenkung zahlreicher Stammbücher aus Privatbesitz oder der Stadtbibliothek Dresden

1969 Schenkung des Nachlasses von Martin Bollert

1977 Schenkung des Nachlasses von Victor Klemperer von dessen Witwe

Publius Ovidius Naso: Metamorphoses

Handschrift auf Pergament, Frankreich, 1. Hälfte 13. Jahrhundert.
Signatur: Mscr.Dresd.App.1092
Provenienz: 1. Paul Prachtbeck, 2. Bibliothek der Kreuzschule in Dresden (vor 1743), 3. Stadtarchiv Dresden 1955, 4. Sächsische Landesbibliothek 1959

Die Metamorphosen (Verwandlungssagen) des römischen Dichters Ovid (43 v. Chr.–17 n. Chr.) gehörten im Mittelalter zur Schullektüre. Das einflussreiche Werk ist in mehr als 400 Handschriften überliefert. Der einspaltige Text in der vorliegenden Handschrift ist mit einem Kommentar auf den Rändern und mit zahlreichen Glossen zwischen den Zeilen versehen. Die Anfänge der 15 Bücher sind mit rot-blauen Fleuronnée-Initialen geschmückt. Im späten 15. Jahrhundert gehörte der Codex laut Besitzeintrag dem Lizentiaten Paul Prachtbeck (gest. vor 1527), der nach seiner Tätigkeit als Gesandter des sächsischen Herzogs und Deutschordenshochmeisters Georg des Bärtigen in Nürnberg, Mecheln und Polen sich in Dresden niederließ, 1518 mit Willibald Pirckheimer korrespondierte und dem Leipziger Rat 1525/26 eine Übersetzung von Ciceros Schrift »De officiis« widmete. Eine Notiz am Ende des Bandes besagt, dass Prachtbeck den Codex am 29. Juni 1493 in Mecheln zum Preis eines halben Rheinischen Goldguldens und zweier Braspfennige (umgerechnet ca. 200 Euro) erwarb. Der Holzdeckeleinband mit Lederbezug und vegetabilen Rollenstempeln stammt wohl aus derselben Zeit. Als Vorsatzblätter dienen vorn ein Fragment eines Sakramentars aus dem 14. Jahrhundert und hinten ein ostfränkisches Urkundenfragment aus dem 15. Jahrhundert.

Abraham Ries: Algorithmus geometricus superficierum specie et forma similium …

Handschrift auf  Papier. – 1584.
Signatur: Mscr.Dresd.App.1708
Provenienz: Lehrerbibliothek des Königlichen Realgymnasiums zu Annaberg, übernommen um 1963 von der Erweiterten Oberschule J.-R.-Becher Annaberg

Abraham Ries (um 1533­–1604) war ein Sohn von Adam Ries (oder Riese, 1492 oder 1493–1559), des berühmten »Vaters des modernen Rechnens«. Zunächst Bergbeamter in Annaberg, avancierte Abraham Ries später zum Hofarithmetiker Kurfürst Augusts I. Durch seine früh erworbenen altsprachlichen Kenntnisse war er in der Lage, die griechischen Mathematiker Archimedes und Euklid zu übersetzen. Seine Beschäftigung mit antiker Geometrie fand Ausdruck in seiner unveröffentlichten Schrift »Algorithmus derer flechen, so einander angleich oder gleichförmig sein, genommen aus warer Demonstration Euclidis«, die hier in einer lateinischen Übersetzung seines Schülers Melchior Jöstel (1559–1611), Professor für Mathematik in Wittenberg, gezeigt wird.

Marie und Friedrich Wieck: 18 Briefe an den Bautzener Stadtrat und Advokaten R. Constantin

Dresden, 1862.
Signatur: Mscr.Dresd.App.1171
Provenienz: Rechtsanwalt Constantin, Bischofswerda, nach 1945, Dr. A. Bernstein, Freiberg, 1961 Geschenk an die SLUB

Der ausgestellte Band enthält neben Briefen von Marie und Friedrich Wieck (1785–1873) Rechnungen, Konzertprogramme und Subskriptionslisten. Gezeigt wird das Programm einer im Saal des Dresdner Hotel de Saxe veranstalteten Kammermusik-Soiree vom 22. November 1856. Diese von Clara Schumann, der Tochter Wiecks, 1848 ins Leben gerufenen Aufführungen wurden nach deren Weggang aus Dresden 1850 von ihrer Halbschwester fortgesetzt. Marie Wieck (1832–1916) trat seit 1843 ebenfalls als Pianistin auf, wirkte in den 1860er Jahren als Gesangssolistin und war zudem als Musikpädagogin tätig. Während ihrer regen Konzerttätigkeit gastierte sie mehrfach in Bautzen, Bischofswerda und Leipzig, was die in der Sammlung enthaltenen Ephemera belegen. Mit ihrem Klavierspiel begeisterte sie daneben das Publikum in Österreich, Italien, England und Schweden.

Rudolf Mauersberger: Passionsmusik nach dem Lukasevangelium

Skizzen. - Autograph, 1947–1959.
Signatur: Mus.11302-C-504,13
Provenienz: Nachlass Mauersberger, seit 1973 in der SLB

Obwohl sich Rudolf Mauersberger (1889–1971) nie zum Komponisten berufen fühlte, hinterließ er ein umfangreiches Oeuvre. Neben so bekannten Werken wie dem »Dresdner Requiem«, dem Trauerhymnus »Wie liegt die Stadt so wüst« und der »Geistlichen Sommermusik« entstanden u.a. Sololieder, Kammer- und Orgelmusik sowie die gezeigte Passionsmusik. Der Kreuzkantor vollendete dieses große, abendfüllende A-cappella-Werk für zwei getrennt aufgestellte Chöre im Januar 1947 während eines Aufenthalts in seinem Heimatort Mauersberg. Am 1. April 1947 wurde es in der Herz-Jesu-Kirche in Dresden uraufgeführt und gehörte lange Zeit zum Repertoire des Kreuzchores. Im Frühjahr 1973 erwarb die damalige Sächsische Landesbibliothek den größten Teil des Nachlasses von Kreuzkantor Mauersberger. Unter den Autographen, die bis dahin in der Notenbibliothek der Kreuzschule und in seinem Heimatort Mauersberg aufbewahrt wurden, befanden sich auch die Skizzen zur Lukas-Passion.