Gustav Klemm

Lebenslauf

Der Ethnologe und Kulturwissenschaftler konnte museologische Erfahrungen als Leiter der königlichen Porzellansammlung sammeln, ehe er die Leitung der Bibliothek übernahm. Klemm trug mit dem Ankauf von Druck- und Handschriften zur Landesgeschichte ganz erheblich zur Vergrößerung des Saxonica-Bestandes bei. Seine umfangreiche private völkerkundliche Sammlung zählt zum Grundstock des heutigen Grassi Museum für Völkerkunde in Leipzig. Klemms kulturhistorische Schriften, die heute durchaus anfechtbar sind, zeichnen einen typischen Erkenntnisstand des 19. Jahrhunderts.

1802 am 12. November in Chemnitz geboren
1821–1825 Studium der Geschichte an der Universität in Leipzig
1831 Zweiter Sekretär an der Königlichen Öffentlichen
Bibliothek in Dresden
1833–1852 Leiter der Dresdner Porzellansammlung
Mitglied der Freimaurerloge »Zum goldenen Apfel«
1838 gemeinsame Reise mit dem Prinzen Johann durch Italien
1852–1864 Oberbibliothekar der Bibliothek, Ernennung zum Hofrat
1867 am 25./26. August in Dresden verstorben

»Auch wenn sich Klemm mit dieser [seiner] Sammlung um die Völkerkunde verdient gemacht hat, so hat er sich in der Geschichte der Geisteswissenschaften doch allein mit seinem schriftstellerischen Hauptwerk, der ... 10 Bände umfassenden ›Allgemeinen Culturgeschichte der Menschheit‹ einen festen, wenn auch äußerst fragwürdigen Platz gesichert. ... Klemm ist der einzige Kulturwissenschaftler seiner Zeit gewesen, der Kulturgeschichte als Rassengeschichte verstand ... Es blieb den Vertretern alldeutschen Größenwahns und den geistigen Vorläufern des Nationalsozialismus um die Jahrhundertwende vorbehalten, die absonderlichen Rassentheorien eines Gobineau, Carus und Klemm ›wiederentdeckt‹, propagiert, salonfähig und letztlich für ihre Zwecke instrumentalisiert zu haben.«

Eigenwill 1992

Veröffentlichungen (Auswahl)

Die Königlich Sächsische Porcellan-Sammlung: eine Übersicht ihrer vorzüglichsten Schätze nebst Nachweisungen über die Geschichte der Gefäßbildnerei in Thon und Porcellan. – Dresden, 1834.

Handbuch der Germanischen Alterthumskunde. – Dresden, 1836.

Chronik der Königlich Sächsischen Residenzstadt Dresden. – Band 1–3. – Dresden, 1837.

Geschichte der Sammlungen für Wissenschaft und Kunst in Deutschland. – Zerbst, 1837.

Allgemeine Cultur-Geschichte der Menschheit. – Band 1–10. – Leipzig, 1843–1852.

Exponate

Gustav Friedrich Klemm
Ölgemälde von Karl Gottlieb Rolle, 1846–1855.
Inventarnummer: 2019 0 003359

»… das Bild des früheren Oberbibliothekars Hofrath Klemm (von Rolle) erhielten wir [1874] von dessen Schwiegertochter …« (Förstemann 1876)

Unter dem Schreibpult liegt ein Schweinslederband, auf dessen Rücken die Beschriftung »Gesta Romanorum« zu lesen ist. Bei diesem Titel (dt.: Die Taten der Römer) könnte es sich um eine weit verbreitete Sammlung von Novellen und Legenden aus dem Mittelalter handeln, die 1472 zum ersten Mal gedruckt wurde, oder aber um ein Werk der römischen Geschichtsschreibung, das auf Klemm als Historiker hinweist. Das Gefäß im Bücherregal erinnert daran, dass Klemm eine große völkerkundliche Sammlung besaß, die etwa 15.000 Stücke umfasste und den Grundstock des heutigen Grassi Museums für Völkerkunde zu Leipzig bildete.

Der Maler und Graphiker Rolle (1814–1862) studierte 1826 bis 1831 in Dresden u.a. bei Ferdinand Hartmann und Christian Ernst Stölzel. Die Studienjahre 1836 bis 1839 in München standen unter dem Einfluss von Julius Schnorr von Carolsfeld. Seit 1839 lebte er wieder in Dresden.

Gustav Klemm: Allgemeine Cultur-Geschichte der Menschheit
1. Band: Die Einleitung und die Urzustände der Menschheit enthaltend. – Leipzig: Teubner, 1843.
Signatur: Hist.misc.A.358-1
Provenienz: Altbesitz

Klemm verband mit der »aktiven Rasse« das »Streben nach Herrschaft, Selbständigkeit und Freiheit«. Perser, Griechen, Römer und Germanen verkörperten für ihn diese Charaktere, während die »passive Rasse«, die er die »mongolische« nennt, von »geistiger Trägheit, Scheu vor dem Forschen, Denken, vor dem geistigen Fortschritt« gekennzeichnet sei. Knapp 80 Jahre später wurden diese Anschauungen durch die Nationalsozialisten für ihre verbrecherische Ideologie herangezogen.

Gustav Klemm: Chronik der Königlich Sächsischen Residenzstadt Dresden. Band 2: Die Geschichte Dresdens von 1694 bis 1827. – Dresden: Grimmer, 1837.
Signatur: Hist.Sax.G.109-2
Provenienz: wahrscheinlich persönliches Korrekturexemplar Klemms mit Randbemerkungen, aus dessen Nachlass in die Königliche Öffentliche Bibliothek gelangt

Die Abbildungen zeigen die geschmückte Elbbrücke anlässlich des Besuches von Kaiser Napoleon in Dresden am 18. Juli 1812. Klemm berichtet darüber: »Hier waren 6 große Obelisken aufgestellt, welche die Namenszüge N. L. und F. L. trugen. An den Postamenten waren die Abbildungen verschiedner Krieger zu sehen. Die Schlußsteine der Bögen zwischen den vier vor der Brücke stehenden Obelisken waren mit dem französischen Kaiserwappen geziert, dazwischen waren antike Dreifüße angebracht. Eine siebente große Glanzsäule strahlte aus der Neustädter Allee herüber, und bildete so den Schlußstein des großartigen Ganzen.«

Gustav Klemm: Plan der Vogelwiese in Dresden im Jahre 1845
Getusche Handzeichnung, 1850.
Signatur: 2378
Provenienz: Nachlass Klemm

Klemm zeichnete auf den Plan die Standorte der Schauststeller und Gastronomen auf der Vogelwiese, dem ältesten Volksfest Dresdens. Lange Zeit fand es vor dem sogenannten Ziegelschlag, zwischen dem Eliasfriedhof (links unten) und der Elbe, statt.
Aus seiner Feder stammen mehrere Stadtansichten Dresdens, die sich im Bestand der SLUB befinden.

Gustav Klemm: Studiensammlungen. – Band 2: Waffen. – Um 1850.
Signatur: Mscr.Dresd.App.929
Provenienz: Nachlass Klemm

Für seine völkerkundlichen Sammlungen, die später den Grundstock für das Leipziger Museum für Völkerkunde bildeten, stellte Klemm mehrere Studienmappen zusammen, in denen er Kupfer- und Stahlstiche, Abzeichnungen und Skizzen unbekannter Herkunft, aber auch eigene Zeichnungen sammelte. Die vorliegenden Federzeichnungen entstammen der Mappe »Waffen«.