Friedrich Adolf Ebert

Amtszeit 1826–1834

Erwerbungen (Auswahl)

1827 Vermächtnis der Privatbibliothek des Königs Friedrich August I.

1828 Kauf der Urkundensammlung zur sächsischen Geschichte aus dem Nachlass von Johann Christoph Adelung

1831 Kauf von Handschriften und ca. 30 Frühdrucken aus dem ehemaligen Franziskanerkloster (später Stadtschulbibliothek) in Meißen für 90 Thaler

1832 und 1834 Tausch von 94 Originalurkunden gegen 21 Handschriften aus dem Geheimen Archiv bzw. dem Sächsischen Hauptstaatsarchiv

Widukind von Corvey: Res gestae Saxonicae

Handschrift auf Pergament, Anfang 13. Jahrhundert.
Signatur: Mscr.Dresd.J.38 (Blatt 14 versoBlatt 15 recto)
Provenienz: 1832 vom Dresdner Geheimen Archiv abgegeben

Die um 967/973 entstandene »Sachsengeschichte« des Benediktiners Widukind aus dem Kloster Corvey an der Weser erzählt die sagenhafte Frühgeschichte der Sachsen und endet mit dem Tod des Kaisers Otto I. (973). Diese wichtige, aber teilweise auch umstrittene Quelle ist in nur fünf mittelalterlichen Handschriften überliefert. Die Dresdner Handschrift enthält als einzige die Fassung, die der Autor 968 der Kaisertochter Mathilde (955–999) widmete. Die Handschrift war einst mit mehreren anderen zu einem Codex zusammengebunden, der zur bedeutenden Büchersammlung der Zisterzienserabtei Altzelle, dem Hauskloster der Wettiner, gehörte. Nach der Aufhebung des Klosters 1540 gelangte der Codex nicht wie die meisten Altzeller Bücher in die Universitätsbibliothek Leipzig, sondern diente den kurfürstlichen Historiographen als Quelle. Widukinds »Sachsengeschichte« wurde als Werk von besonderem Interesse aus dem Codex herausgelöst und eigens gebunden. Der Band wurde dann im Dresdner Geheimen Archiv verwahrt und 1832 samt dem zugehörigen Codex (Mscr.Dresd.J.43) und 18 weiteren mittelalterlichen Chronikhandschriften im Tausch gegen Urkunden an die Königliche Bibliothek abgegeben, die damals im Japanischen Palais untergebracht war. Bei der Zerstörung des Gebäudes 1945 lag die Handschrift mit vielen anderen Kostbarkeiten in einem Tiefkeller, wo sie sehr schwer durch Wasser und anschließende Zersetzung geschädigt wurde.

Annales Witichindi ... editi de fide codicis manuscripti & e publicato exemplari alicubi aucti

Studio et opera Reineri Reineccii
Frankfurt am Main: Wechel 1577.
Annotiertes Druckexemplar.
Signatur: Mscr.Dresd.J.39
Provenienz: Eberts Handexemplar

Die Dresdner Handschrift der »Sachsengeschichte« Widukinds war von Reiner Reineccius (1541–1595) für eine Neuausgabe unter dem Titel »Annales Witichindi …« (1577) herangezogen worden. Auf dem Vorsatzblatt des hier gezeigten Exemplars notierte der Oberbibliothekar Friedrich Adolf Ebert, dass er im Juli 1821 die Handschrift mit dem Druck verglichen habe. Er vermerkte nicht nur die textlichen Abweichungen, sondern auch die Seitenumbrüche der Handschrift. In Eberts Nachlass findet sich darüber hinaus noch eine ausführlichere Kollation und Beschreibung des Manuskripts. In seiner »Geschichte und Beschreibung der königlichen öffentlichen Bibliothek zu Dresden« (1822, S. 53) bedauert der Bibliothekar, dass die Handschrift damals nicht in der Bibliothek, sondern im Geheimen Archiv aufbewahrt wurde und an diesem »fremdartigen Ort« der Benutzung entzogen war.

Lucius Coelius Firmianus: Lactantius Opera

Rostock: Fratres congregationis domus horti viridis, 1476.
Signatur: Ink.1440(2°)
Provenienz: 1831 aus dem ehemaligen Franziskanerkloster (später Stadtschulbibliothek) in Meißen

Der aus der römischen Provinz Africa stammende Lactantius (um 250–um 320) gehört zu den Kirchenvätern und wurde in der Renaissance als »christlicher Cicero« bezeichnet. Der Rhetoriker war Berater von Kaiser Konstantin und Lehrer von dessen Sohn Crispus. Diesem folgte er 313 nach Trier, wo Crispus zum »kleinen Mitkaiser« ernannt wurde. Seine wichtigste Veröffentlichung sind die »Institutiones Divinae« (dt.: Die göttliche Weltordnung), welche sich mit den Vorzügen des Christentums gegenüber heidnischem Götterkult beschäftigen. Bei dieser Ausgabe handelt es sich um das älteste in einer Rostocker Offizin gedruckte Buch. Die »Brüder vom gemeinsamen Leben«, wegen ihrer regen Produktion von Handschriften auch »Brüder von der Feder« genannt, betrieben im dortigen Michaeliskloster seit 1475 die erste Offizin der Stadt. Das Meißner Exemplar verfügt über handgemalten Buchschmuck in Deckfarben und Gold.

Johannes Regiomontanus: Kalendarium, deutsch

2. Ausgabe. – Nürnberg, um 1475.
Handkolorierter Blockdruck
Signatur: Ink.1356(4°)
Provenienz: Erworben 1834 aus der Auktion Günther in Dresden für 16 Thaler und 12 Groschen

Regiomontanus (eigentlich Johannes Müller, lateinisch: Regiomontanus = der Königsberger, 1436–1476) erwarb sich große Verdienste bei der Reform des Julianischen Kalenders und in der Mathematik. Im vorliegenden Kalendarium verzeichnete er die Positionen von Sonne und Mond im Zeitraum von 1475 bis 1531 in deutscher Sprache. Bei diesem frühen Druck handelt es sich um ein sogenanntes Blockbuch: Das heißt, Text und Illustrationen einer Seite entstehen als Holzschnitt (deshalb auch Xylographie, aus dem Griechischen: Holz, Umriss, Schrift). Dieses Verfahren ermöglichte den Druck einer begrenzten Auflage. Im Gegensatz zur Erfindung Gutenbergs, dem Druck mit beweglichen Lettern, konnten die Druckstöcke nicht für andere Drucke wiederverwendet werden.

Biblia (Fragmente)

Mainz, um 1454/55.
Signatur: Ink.1068(1°),  Blatt 1r (fol. 22r)Blatt 3r (fol. 29r)
Provenienz: 1819 von Ebert aus einem Bucheinband abgelöst

Die beiden Pergamentblätter stammen aus der berühmten 42-zeiligen Bibel aus der Werkstatt Johannes Gutenbergs (um 1400–1468), , die als das erste mit beweglichen Lettern gedruckte Buch des Abendlandes gilt. Hergestellt wurden etwa 30 Exemplare auf Pergament und ca. 150 auf Papier. Die Form der Drucktypen entspricht der damals in Handschriften verwendeten Textura-Schrift. Farbige Initialen und Verzierungen wurden später mit der Hand ergänzt. Deutlich sichtbar sind die Spuren der Verwendung der Pergamentblätter für das Einbinden von Büchern. Es war im 16. Jahrhundert nicht ungewöhnlich, alte Handschriften und Drucke in Einbanddeckeln zu »recyceln«. Es ist Eberts Verdienst, die ursprüngliche Herkunft der beiden Blätter erkannt und deren Ablösung angeregt zu haben.

Gälawedewos Gädlä Wälättä Petros

(Leben, Wunder und Bildnis der heiligen Walatta Petros)
Äthiopische Handschrift auf Pergament. – 1672/73.
Signatur: Mscr.Dresd.Eb.415.e,Bd.2
Provenienz: Geschrieben für Arka Kiros und seine Frau Walatta Yohannes; aufgefunden im Katharinenkloster auf dem Sinai und 1845 von dem französisch-ägyptischen Arzt und Sammler Antoine Barthélémy Clot-Bey (1793–1868) durch Vermittlung des Leipziger Theologieprofessors und Philologen Konstantin von Tischendorf (1815–1874) der Königlichen Bibliothek zu Dresden geschenkt.

Als die Jesuiten Äthiopien missionieren wollten, setzte sich Walatta Petros (1592–1642) mutig für die Beibehaltung des koptischen Glaubens ein. Nach erfolgreichem Kampf gegen den römischen Katholizismus führte sie ein asketisches Leben und gründete einen Nonnenorden. Den Erzählungen über das Leben und die Wundertaten Walattas, überliefert in 24 Handschriften weltweit, folgen im Dresdner Exemplar Hymnen auf die Heilige und auf die Märtyrer Cyrus und Johannes, die Namensheiligen der Auftraggeber Arka Kiros und seiner Frau Walatta Yohannes. Der heute getrennt gebundene Bildteil der Handschrift besteht aus 60 farbigen Illustrationen mit großen, gedrungenen und stilisierten Figuren.