Raumansichten der Königlichen Öffentlichen Bibliothek im Japanischen Palais 1914

Der Regierungsbaumeister Walter Hahn (1885–1942) schuf für die 1914 in Leipzig stattfindende BuGra (Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und Graphik) fünf Gemälde der Königlichen Öffentlichen Bibliothek im Japanischen Palais, von denen vier erhalten geblieben sind. Die Gemälde wurden nach Hahns Tod 1943 von seiner Mutter der Sächsischen Landesbibliothek übergeben. Auch wenn sie eher dokumentarischen Ansprüchen genügen, sind sie doch die ältesten bekannten Abbildungen des Inneren der Bibliothek.

Walter Hahn: Liste der Gemälde für die BUGRA
Eigenhändiges Manuskript, 1914. – Bl. 199r
Aus: Akten der Kgl. Öffentl. Bibliothek zu Dresden. Betreffend: Ausstellungen 1908-1914.
Signatur: Bibl.Arch.VI,Nr. 2

Die vier erhaltenen gebliebenen Gemälde sind beschrieben mit: Katalogsaal, Vorhalle und 2 Bibliotheksäle.

Durch Kriegseinwirkungen stark beschädigte Akte aus dem Bibliotheksarchiv, die Übergabe des Teiles des Nachlasses von Walter Hahn an die SLB enthaltend
Signatur: Bibl.Arch.III.g.679a

Darin befindet sich das Schreiben eines Mitarbeiters des Reichsstatthalters und sächsischen Ministerpräsidenten Martin Mutschmann, der die Übernahme der Hahnbilder durch die SLB genehmigte.

Übereignungstext der Mutter Hahns an die SLB
Signatur: Bibl.Arch.III.g.679a

Ein zweites Exemplar dieser Inschrift ließ die Mutter von Walter Hahn auf der Rückseite eines der Bilder anbringen. Sicher sind die Bilder nicht, wie die stolze Mutter schreibt, »unsterblich«, aber durch die authentische Wiedergabe ein wichtiges optisches Zeugnis für die Geschichte der SLB.

Vorhalle des Japanischen Palais
Ölgemälde von Walter Hahn, 1914.
Inventarnummer: 2019 0 003342
Reproduktion

Die Gemälde Hahns vermitteln den Zustand der Bibliothek vor dem großen Umbau Ende der 1920er Jahre. Der Maler steht hier offenbar auf dem östlichen Treppenaufgang, der zur Direktion führt.

Matthäus Daniel Pöppelmann hatte die ursprüngliche Anlage des Japanischen Palais 1715 für den Grafen Jakob Heinrich von Flemming am Dresdner Elbufer erbauen lassen. 1717 ging das Gebäude in den Besitz Augusts des Starken über, der es zu einem »Porzellanschloss« erweitern ließ – für seine Sammlung von Porzellanen aus Ostasien und der Meißner Porzellanmanufaktur. 1729 bis 1733 erfolgte der Umbau zu einer Vierflügelanlage. 1786 zog die Kurfürstliche Bibliothek in das Gebäude ein. Außer der Porzellansammlung befanden sich bis 1889 im Palais die Antikensammlung und das Münzkabinett.

Büchersaal im Japanischen Palais

Ölgemälde von Walter Hahn, 1914.
Inventarnummer: 2019 0 003341

War die Bibliothek zunächst im ersten Stock in drei Sälen und 23 Räumen untergebracht, blieb sie ab 1889 die alleinige Nutzerin des Palais bis zur Zerstörung des Gebäudes 1945. Die Bücher waren bis Mitte der 1920er Jahre nach Fachgebieten in einzelnen Räumen aufgestellt. Die Raumhöhe ließ offenbar den Einbau von Emporen zu, worauf die Wendeltreppe auf der rechten Bildseite hindeutet.

Katalogsaal im Japanischen Palais

Kreide und Gouache auf Hartfaser von Walter Hahn, 1914.
Inventarnummer: 2019 0 003340

Am linken Bildrand sind einige Kapseln des alphabetischen Blattkataloges zu erkennen, der 1866 unter der Leitung von Ernst Wilhelm Förstemann begonnen wurde. Am Geländer der Empore hängt das Porträt des Direktors Franz Leopold Schnorr von Carolsfeld. Auf der rechten Seite ist der alte Standortkatalog zu erkennen, der zugleich als Fachkatalog diente, weil die Bücher bis 1927 in den einzelnen Räumen nach Sachgebieten aufgestellt waren.

Handschriftensaal im Japanischen Palais

Gouache auf Hartfaser von Walter Hahn, 1914.
Signatur: 2019 0 003339

Noch gänzlich die Gelehrtenbibliothek des 19. Jahrhunderts verrät der Blick in einen Handschriftensaal. Die Gardinen, das grüne Sofa mit einem davor stehenden Tisch, Rollwagen und ein großer Spiegel zwischen den Fenstern vermitteln einen eher privaten Eindruck. Die sehr lange Leiter lässt die Raumhöhe ernahnen. Oberbibliothekar Falkenstein ließ 1835 Schaukästen, sogenannte Montres, für die Kostbarkeiten – darunter auch die Dresdner Maya-Handschrift – anfertigen und in einem der vier Säle aufstellen, damit sie von den Besuchern betrachtet werden konnten. Am linken Bildrand sieht man wahrscheinlich einen solchen Schaukasten mit angeschrägter Oberseite. Der Vorhang des rechten Fensters ist zum Schutz der Handschriften vor direkter Sonneneinstrahlung zugezogen.

Das wuchtige Schreibpult des Handschriftenbibliothekars trägt eine typische, mit schwarzer Farbe aufgetragene Inventarnummer, wie sie bis heute auf der Rückseite einiger der gezeigten Porträts zu erkennen ist.