Die Bünau'sche Bibliothek auf Schloss Nöthnitz

Der promovierte Jurist Heinrich Graf von Bünau (1697–1762) war zunächst in kursächsischen Diensten in Dresden, ab 1734 auf Betreiben des rivalisierenden Premierministers Heinrich Graf von Brühl in Eisleben und ab 1741 in kaiserlichen Diensten tätig. Nach dem Tod Karls VII. zog er sich 1745 auf sein Schloss in Nöthnitz zurück und widmete sich neben seinen Besitzungen verstärkt historischen Forschungen. Dazu bediente er sich seiner seit etwa 1720 zusammengetragenen Büchersammlung, die zunächst in seinen Dresdner Wohnhäusern untergebracht war, ehe er sie 1740 nach Nöthnitz verlegte. Die „Bibliotheca Bunaviana“ gilt mit einem Umfang von zuletzt rund 42.000 Bänden als eine der größten und bedeutendsten Privat- und Gelehrtenbibliotheken der Aufklärungszeit. Als Bünau 1751 nach Thüringen ging, um eine Stelle als obervormundschaftlicher sachsen-weimarischer Statthalter anzutreten und 1755 bis 1759 als leitender Minister des Herzogtums zu dienen, nahm er eine Anzahl Bücher als Grundstock einer Handbibliothek mit sich auf das Gut Oßmannstedt bei Weimar, wo er seinen Ruhestand verbrachte.

Katalog der Bünau'schen Bibliothek

Johann Michael Francke: Catalogus Bibliothecae Bunavianae
Tomus I. auctores antiquos sacros et profanos, opera varia, scriptores historiae, litterariae, philologos, epistolographos, rhetores et poetas exhibens, in partes tres totidemqve volumina distributus. - Leipzig: Fritsch, 1750.
SLUB: Bibl.priv.66-1,1
Foto: Regine Richter

Unter der Leitung Johann Michael Franckes (1717–1775), der ab 1740 als Bibliothekar auf Schloss Nöthnitz wirkte, entstand ein vorbildlicher Katalog, der nicht nur die Bücher, sondern auch Beiträge in Sammelpublikationen und Zeitschriften nach einer ausgefeilten, auf die wissenschaftlichen Bedürfnisse Bünaus zugeschnittenen Systematik aufs Genaueste verzeichnete. Die ersten sieben Katalogbände erschienen 1750 bis 1756 im Druck. Der Siebenjährige Krieg verhinderte schließlich die Vollendung des Unternehmens.

Verzeichnis des Bestandes der Bünau'schen Bibliothek

Nummern-Verzeichniß der in der ehemahl. Gräfl. Bünauischen Bibliothec befindlichen, und nunmehro sämtl. in die Churfürstl. Bibliothec alhier gebrachten Bücher, nach denen Classen und Formaten, nebst beygefügter General Summa
Dresden, 11. October 1769.
SLUB: Bibl.Arch.I.A,Vol.6,Nr.1
Foto: SLUB/Dresdner Digitalisierungszentrum

Nach dem Tod des Grafen Bünau wurde seine Bibliothek 1764 zum Preis von 40.000 Talern für die Kurfürstliche Bibliothek in Dresden erworben. Den Transport der Bücher von Nöthnitz nach Dresden organisierte Francke, der inzwischen kurfürstlicher Bibliothekar geworden war. Die nach dem Abschluss des Transportes entstandene Aufstellung beziffert den Umfang der Sammlung auf insgesamt 42.139 Bände, die Francke zusammen mit der 1768 angekauften Bibliothek des Grafen Brühl in den Bestand der Kurfürstlichen Bibliothek im Zwinger einzuarbeiten hatte.

Heinrich von Bünau

In: Jacob Brucker: Bilder-sal heutiges Tages lebender, und durch Gelahrtheit berühmter Schrifft-Steller ... Viertes Zehend. - Augsburg: Haid, 1745.
SLUB: Biogr.erud.A.11-4
Foto: SLUB/Dresdner Digitalisierungszentrum

Das Schabkunstporträt von Anna Maria Werner (Zeichnerin) und Johann Jakob Haid (Ausführender) reproduziert ein Ölgemälde von Louis de Silvestre d. J. von 1742. Es zeigt den Grafen vor einem Regal seiner Bibliothek, mit der linken Hand ein stehendes Buch mit dem Bünau'schen Wappen-Supralibros haltend.

Supralibros der Bünau'schen Bibliothek

    

Vorderdeckel von: Johann Friedrich Schannat: Historia Episcopatus Wormatiensis. - Frankfurt a. M.: Varrentrapp, 1734.
Vergoldeter Prägedruck, 18. Jh.
SLUB: 1.B.7515-1
Foto: SLUB/Dresdner Digitalisierungszentrum

Hinterdeckel von: François Guyet, Publius Terentius Afer: Comoedias sex commentarii. - Straßburg: Bockenhöfer, 1657.
Vergoldeter Prägedruck, 18. Jh.
SLUB: Lit.Rom.A.2309
Foto: SLUB/Dresdner Digitalisierungszentrum

Die typischen Kalbsledereinbände der Bünau'schen Bibliothek tragen als Supralibros auf dem Vorderdeckel das seit dem Beginn des 14. Jahrhunderts nachweisbare Bünau'sche Familienwappen. Der gevierte Schild zeigt seit 1495 im ersten und vierten Feld je einen gespaltenen Schild von Rot und Silber, im zweiten und dritten Feld je einen Leopardenkopf mit Lilie im Rachen.
Das Supralibros auf den Hinterdeckeln besteht aus einem bekrönten, von zwei Leoparden gehaltenen Schild mit der Aufschrift „EX BIBLIOTHECA BÜNAVIANA“.

Großer und kleiner Prägestempel für die Supralibros der Bünau'schen Bibliothek

    

Signiert: „HOECKNER“ bzw. „H.“ (Johann Wilhelm Hoeckner [1671-1754] oder Karl Wilhelm Hoeckner [1720-1786]).
Messing, 18. Jh.
Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Münzkabinett: J9346 bzw. J9342
Foto: Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Münzkabinett

Insgesamt haben sich drei verschieden große Prägestempelpaare für die Vorder- und Rückseiten verschiedener Buchformate erhalten. Die erhaben geschnittenen Stempel wurden in das Leder gedrückt, die blinde Prägung dann mit einer Eiweiß-Essig-Mischung grundiert und mit Blattgold ausgefüllt, das durch nochmaliges Aufdrücken des erhitzten Stempels in der Prägung fixiert wurde.